Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 2.
58 Der TFalisman des Weibes.
wieder. Allmächtiger, welcher Anbli> enthüllte ſich ihr! Ein Gefühl der Erſtarrung durhſchli<h Margarethens Kör= per. Sie lehnte ſelbſt leichenblaß am Treppengeländer. Aber der kleine Doktor rief ſchon ungeduldig herauf: „Die . Schlafſtube auf! Das Bett in Ordnung gebracht ! Warmes Waſſer! Leinwand! Charpie !“
Im Nu überwand ihre praktiſche Natur nußloſes Jam= mern. Nie zeigte ſi<h Tante Käthe's Einfluß und Ex= ziehung glänzender in ihrem Zögling, als in den kommenden ſchi>ſalsbangen Minuten. Da erſt, als ihre Hilfeleiſtungen zur Zufriedenheit des Arztes vollauf erſ<höpft waren, gönnte ſie ſi<h die Wohlthat unaufhaltſam ſtrömender Thränen. Auf ihren Knieen lag ſie vor der Stubenthüre, hinter welcher der theuxre Mann mit dem Lode rang und ſandte heiße Gebete gen Himmel empor. Wie endlos lange dehnte ſich die nimmer raſtende Zeit, ah, und was für unheilbares Leid ſenkte ſi vielleicht jeßt eben auf dieſes unglü>ſelige Haus herab! Tief aufſchlu<hzend barg Margarethe ihr Antliy in den Händen. „Es darf “nit ſein,“ flüſterte fie, „er darf nicht ſterben! Es muß ein Mittel geben, ihn zu retten. Wüßte ih es, und ſollte es mein Leben koſten, ih tauſchte es mit Freuz den ein !“
„Fräulein Werner,“ flüſterte die Stimme des Arztes dur< den Thürſpalt, „kommen Sie geräuſchlos Herein !“
„Er lebt? O, Gott der Gnade —!“ uief ſie auf ſpringend.
„Wenn Sie ſo fortfahren zu lamentiren, müſſen Sie draußen bleiben! Meiſchi> will Sie ſehen!“
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