Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 2.
60 Der LTalisman des Weibes,
ein wenig vom Bett empor. Margarethe ſah es, und ihr Herz wollte bei dieſem traurigen Anbli> vor Schmerz ſpringen, aber ſie hörte das tadelnde Räuſpern des Arztes und ruhig legte ſie ihre Finger ſekundenlang um die ſeinen, ohne den Blick von ſeinen fragenden Augen abzuwenden,
In dem nun folgenden Zwiegeſpräch {lug Doktor Siemrich einen ſehr ernſten, ſehr nachdrülichen Ton an. Ex gab wenig Hoffnung, und auch dieſe nux dann, wenn er auf die ſtrikteſte Erfüllung feiner Anweiſungen rechnen lônne, Die Beſchaffung einer geeigneten Pflegerin wolle er ſelbſt in die Hand nehmen, doh müßte er Margarethe darauf aufmerkſam machen, daß gerade in den nächſten Tagen die Gefahr und die Verantwortung am größten ſeien.
Das junge Mädchen hatte aufmerkſam jedem Wort gelauſ<ht. Endlich ſagte ſie mit überzeugender Sicherheit : „Herr Doktor, fo jung ih bin, find mix Nachtwachen und Krankendienſt nichts Fremdes. Wenn man Geſchwiſter hat, übt man ſi< frühzeitig darin. J< übernehme mein Amt mit Gottvertrauen. Was aber die Pflegerin betrifft, ſo glaube ich, daß dem Herrn Amtsrichtex die ſtete Gegen= wart einer Fremden läſtig fallen wird.“
„Aber Sie allein —“ warf ex mißbilligend ein.
„J< allein niht. Die vortrefflichſte Frau wird mix zur Seite ſtehen, eine nahe Anverwandte des Herrn Amts= rihters. Noch heute werde ih briefli<h um ihre Unter-= ſtüßung bitten. Und ſie wird kommen, die gute, edle Tante Käthe !“
„Schön, ſ{ön, liebes Fräulein! Das genügt mix vor=-