Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 2.
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Roman von Georg Hartwig. 81
Die Wiſſenſchaft der Apothekerin wax nicht ſobald Gez meingut geworden, als ſie auh ſchon von der engherzigſten Verleumdungsſucht wie ein Drachenei ausgebrütet und groß= gezogen wurde. Unter der Aſſiſtenz unexrſchöpflicher Kaffee= kannen und Bierkrüge, unter Blumenduft und Labakrauch nahm der häßliche Schemen immer konſiſtentere Formen an, bis er zuleßt, ein wahrer Rieſenbalg urthetl8lofer Niedertracht, fix und fertig zur allgemeinen Anſicht hinz geſtellt ward. Darnach hatte der Amtêrichter Meiſchi> ſhon vor ſeiner Che die intime Bekanntſchaft Margarethe Werner's gemacht und ſolche ſeiner Gattin verheimlicht. Die Stiftsdame, zornig darüber, daß ihrem Schüßling dieſe gute Parthie entgangen, ruhte in der Folge nicht eher, als bis ſie das leichtfertige Geſchöpf der jungen Frau in’s Haus hineingezwungen hatte. Jette verſicherte, gehört zu haben, daß Jrmengard die Aufnahme geradezu verweigerte, aber von dem gewiſſenloſen Gatten auf das Liebloſeſte dazu gezwungen worden war. Alſo betrogen von ihrem Gemahl und hintergangen von der unſchuldsvollen Miene des jungen Mädchens fiel die beklagenswerthe Frau in Verzweiflung und wandte ſi< Schuß ſuchend an den Wüſtling Freiberg. Dieſer arbeitete gewiſſermaßen dem Amtsrichter in die Hände, als er jene Schlittenfahrt in's Werk ſeßte, denn während er ſelber Jrmengard zu um= ſtri>en verſuchte, gab er Meiſchik Gelegenheit, ſich un= geſtört Margarethen zu widmen. Auf jenem Tanzfeſt nun hatte dex unerſättliche Frauenjäger es ſich einfallen laſſen, feine Blicke auch der Geliebten Meiſchi>k's zuzuwenden und dadur< erſt den Haß des Amtsrichters entflammt. Jn
Bibliothek. Jahrg. 1886. Bd. TL. 6