Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 3.
Roman von Geoxg Hartwig. 9
„Still!“ rief hier die Schülerin ihrem Lehvex herriſch zu, als dieſer ſich zu einer haſtigen Erwiederung anſchi>te. „Laſſen Sie mich dieſen vorſintfluthlihen Mann wider= legen! Zuvor ſoll ex ſich aber no definitiv als Bekenner eines überwundenen Standpunktes erklären. Wozu ijt alſo na<h Jhrer Meinung,“ fie ſtürzte ihr Glas entrüſtet auf einen Zug hinab, „die Frau in der Welt ?“
„Dazu, die entgegengeſeßten Eigenſchaften des Mannes durch die ihren zu ergänzen zu fruchltragender vollkommener Einheit !“
„Pah! Alſo in erſter Linie ſein Laſtthier zu ſein und zu bleiben !“
„Sie bringt den Erdenbeherrſcher zur Welt, heiſcht die Natur —“
„Mit dem Vexluſte ihrer Geſundheit !“ warf die junge Frau bitter und ſchwer gereizt ein.
„Sie gibt ihm Nahrung,“ fuhr Dreyſing gelaſſen fork.
„Mit dem Verluſt ihrer Schönheit, jawohl!“
„Sie pflegt ſeine hilfloſe Jugend —“
„Unter Aufgebung aller ihr zuſtehenden Lebensfreuden !“
„Aha!“ lachte der Juſtizrath fein. „So weit hätte ih Sie alſo glüctli<h gebracht! Nun, meine zürnende Gegnerin, dieſe ſämmtlichen drei Fakta laſſen ſich, ſo lange Frauen Frauen find, niht aus der Welt ſchaffen. Wenn Sie alſo darauf beſtehen, Jhren Lebensberuf mit unbeſchränkter Wahl zu exfüllen, frei und mannigfaltig, ſo ſchneiden Sie ſich ſ<mexzli<h in Ihr eigenſtes Fleiſch, denn die Zeit der äußeren Reize beim Weibe iſt kurz, die der Reiz= loſigkeit jedenfalls bedeutend länger, und ſo lange Männer