Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 3.
14 Der Talisman des Weibes.
„So tief, meertief alſo,
Vexrſte>teſſt Du Dich vox mix
Aus kindiſchex Laune,
Und konnteſt niht mehr herauf
Und ſaßeſt fremd unter fremden Leuten, Dexwweilen ich, die Seele voll Gram, Auf dex ganzen Erde Dich ſuchte,
Und immer Dich ſuchte,
Du Immergeliebte,
Du Längſtverlorene,
Du Endlichgefundene!“ — ]
Der kommende Tag brachte Abhaltungen genug, unt es Freiberg unmöglich zu machen, Dreyſing während der Vormittagsſtunden aufzuſuchen, und ein Diner im Kreiſe einer Familie der hohen Ariſtokratie nahm ihn bis zum anbrechenden Abend vollends in Anſpruch.
Die Dame des Hauſes, Gemahlin des italieniſchen Le= gation8rathes v. Paſſevini, fand an dem ernſten jungen Mann ‘augenſcheinlih großes Gefallen, wenigſtens bezeigte ſie ihm ihr Wohlwollen durch jene Bevorzugung, welche die Geſellſchaft nah ſtillſ<hweigendem Uebereinkommen dem Vornehmſten oder Liebenswiündigſten zugeſteht: ſie lud Frei= berg bei Tafel an ihre Seite. Hier inmitten ſeiner Standes= genoſſen, deren ſelbſtbewußte Zurückhaltung jedes Ueber= ſchreiten gezogener Grenzen unmöglih machte, angeregt von dem leichtfließenden Geplauder ſeiner Nachbarin, welche diskret, aber unabläſſig bemüht war, die geſellſchaftlichen Talente eines jeden Gaſtes in das beſte Licht zu ſtellen, wirkten die am verfloſſenen Abend erhaltenen Eindrüte noh einmal und zehnfa< verſtärkt in Freiberg nah. Eüte