Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 3.
Noman von Georg Hartwig. 48
zwei Lieder, in verſchiedene Tonarten übertragen , gleich und doch unendli< verſchieden.“
Was Dreyſing anbelangt, ſo hatte er im Verlauf des Geſpräches mehr und mehr das Gefühl, als drehe ihn Semand immer im Wirbel um einen gewiſſen Punkt, und zwar nahm dieſer Punkt von Minute zu Minute mehr das Anſehen eines grinſenden , höhnenden Kobolds an. Seine heitere Laune {wand unter dem Bewußtſein, daß der eine Widerſpruch allerdings gelöst ſei, aber in anderer, ganz anderer Weiſe, als der Juſtizrath ſich je hätte träumen laſſen. Es ward ihm ſ{<wül in der blumen=durchdufteten Atmoſphäre, ſhwüler no<h in der Nähe des liebreizenden jungen Weibes, welches ihm plößlih ſo hart geſtraft, ſo beklagenswerth erſchien. Ex ſelber fam ſi< angeſichts dieſer ſeiner Exkenntniß klägli<h wie ein Schulknabe vor, der ſeine Aufgabe na<h allen Seiz ten hin erwogen hat, nur nicht in der Hauptſache. Wer war nun der größere Thor von ihnen Beiden getveſen, Freiberg, etwas Sonnenklares überſehend, oder er, Dreyfing, den Worten eines Wonneberauſchten Glauben ſchen= fend? Es dünfte dem Juſtizrath geradezu ein Vex= brechen, den Grafen in ſeinem glüſihen Wahn beſtärkt zu haben.
Frmengard hatte ſchon geraume Zeit die Wandlung auf ſeiner Stirn bemerkt, und annehmend, daß ihm irgend eine Verſchlingung ihres Geſchies mißfällig ſei, legte ſie ſhmeichelnd ihre weiße Hand auf ſeine Schulter.
„Seien Sie nicht philiſtrös, Dreyſing! Das war es ja, was mir ſtets die Laune verbitterte, was wie ein