Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 3.

44 Der Talisman des Weibes,

Wurm an meiner Lebensfreude fraß: Meiſchi>'s ſpieß-= bürgcxliche Anſchauung —“

Der Juſtizrath pochte mit der Hand auf den Tiſch.

„Und ſehen Sie,“ fuhr Jrmengard ſorglos fort, „wenn ein Mann niht mit Verhältniſſen zu re<nen verſteht, wenn ex in allen Fällen immex wieder in die enge, un= zulängliche Schale ſeiner Begriffe hineinkrieht und meint, damit ſi<h und Anderen genug gethan zu haben, als ob Sonne, Mond und Sterne und die ganze Welt mit ihren Einrichtungen nux dazu da wären, ihm als Belege für ſeinen Schematiêmus zu dienen, ſo hat ſein ſonſt bedeu= tender Geiſt hierin eine bedenkliche Verkürzung erfahren. Warum nicht Jedem gönnen, und gönnen heißt begreifen, was ihm Bedürfuiß iſt?“

„Sie fühlen ſi< durchaus befriedigt von Jhrem Be= ruf?“ fragte Dreyſing etwas ungeduldig dazwiſchen.

„Durchaus!“

„Und wollen ihn do< aufgeben ?“

„Wie ſo? Ach ja,“ lächelte ſie erröthend, „Freiberg iſt hier —! Vorläufig niht!“

„Seltſam! Jh ſprach, offen geſtanden, geſtern Nacht noch mit dem Grafen. Ex ſeht ſeine Ehre darein, Sie aus allen Verbindlichkeiten loszulöſen, was Sie ihm ſelbſt zugeſtanden.“

JFrmengard ſprang auf. „Da träumte dex gute Graf! Das Anexrbieten ehrt ihn, aber ih lehne es dankend ab.“

Dreyſing zog den Kneifex hervor, ließ ihn aber eben ſo ſchnell wieder verſchwinden. Da 1vax auch dex zweite Widerſpruch in ſich zuſammen gefallen.