Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 6.

Novelle von E. Merk. 133

Er zu>te zuſammen. „So iſ es denn wahr, daß Emilie mi<h niht blos für todt hielt, daß ſie meinen Tod wünſchte, weil ſie mih haßt?“

Ex ſah mit heißen Augen auf die Lippen, die ſein Urtheil ſprechen ſollten. Aber dieſe Lippen waren nicht geübt in der Lüge. Sie öffneten ſich wohl ; aber kein Lon kam hexr= vor; nur dex dunkle Kopf nite entſchloſſen ein „Ja!“

Ex hatte ſie verſtanden. Eine Weile hörte Bertha die fauten Athemzüge eiuer heftig pochenden Bruſt; dann wendete er ihr ſein bleiches, ernſtes Geſicht wieder zu und ſagte in tiefer Bewegung: „Mein Fräulein, wir werden uns wohl nicht mehr begegnen im Leben; aber Jhr Bild wird ſich unauslöſ<hli< an dieſe ſchwere Slunde knüpfen, in der mein lebßter Glaube an das Glüc, mein twiedererwachtes Herz den Todesſtoß empfing. Leben Sie wohl und nehmcn Sie meinen Dank für das bittere Wort, das Sie mix ſagen mußten, meinen Dank auch für die Liebe, die Sie Emilie exweiſen werden! Sagen Sie ihr einmal, wenn der Ocean für immer zwiſchen uns liegt, daß ih ein Todter für ſie ſein wolle und daß die Todten auf Verzeihung re<nen dürfen |“

Bertha ſah ihm ſtarren Auges nach, als er mit tief gebeugtem Haupte die Straße dahinſchritt; ſie konnte von dem erhöhten Plabe, an dem ſie ſtand, ſeinen Weg verfolgen; ſie ſah ihn in's Haus treten, ſah, wie glei darauf der Kutſcher den Wagen aus dem Schuppen holte und einſpannte, während die hohe Geſtalt des Barons Un= bewegli<h an dex Thüre lehnte. Dann hörte ſie den Ein=ſpänner mit ihm fortrollen über die im Sonnenſchein