Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 6.

138 | Untex einem Dache.

in den Tod. Es iſt die ſchönſte Zierde meiner Landsleute, daß ſie den höchſten Reſpekt vor der Frau beſißen, und in dieſem Punkte bin i< Amerikaner mit ganzer Seele. Jh würde für meine Frau vielleicht fein galanter Cavalier ſein, aber ih würde ſie beſhüßen mit ſtarker Hand, als guter, tapferer Kamerad, ſo wie’s_ in dem ſchönen deutſchen Liede heißt: Er ging an meiner Seite, in gleichem Schritt und Tritt!“

Er machte eine kleine Pauſe, dann rief er plößlich: „Wollen Sie der gute Kamerad ſein, Fräulein? Und den rothhaarigen , wunderlichen Kauz auf ſeinem Wanderkeben begleiten ?“

„Jh!“ Wie ein Schrei entfuhr’s Bertha's Lippen. Der Gedanke, daß ein Mann ſic begehren könnte, jebt, da ſie die Jugend hinter ſich hatte, war ihr ſo neu, ſo ſelt= ſam, daß ſie alle Faſſung verlor. „Jh bin dreißig Jahre alt, mein Herr,“ ſtammelte ſie ganz verlegen, „bin ein altes Mädchen!“ ;

Alt?“ Ex ſah höchſt erſtaunt zu ihr auf. „O, Sie ſcherzen, mein Fräulein. Wer friſch und ſtark iſt, wie Sie, der iſ auch jung. Oder wollen Sie damit ſagen, daß Sie über das Alter hinaus ſeien, in welchem die Mädchen zum Tanzen gehen? Tanzen paßte gar nicht für meinen guten Kameraden, denn auh ih tanze nie= mals! Jm Uebrigen bin ih um zwölf Jahre älter als Sie: So ſtimmen denn auh unſere Jahre re<t gut zu= ſammen. O ſagen Sie mix, daß Sie feine Abneigung gegen meinen Vorſchlag empfinden, ſagen Sie mir, ob Sie gerne ein Wanderleben führen tollen 2