Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 6.

Novelle von E, Merk. 153

Manne kein Wort zu ſagen, fondern mich an ſeiner Ueber= raſhung zu ergößen, wenn i< ihm ſeinen künftigen er= lauchten Vorgeſeßten eines Lages als guten Bekannten vorſtellen könne.

Wel" peinliche Scene habe i< dur< dieſe Geheim= haltung herbeigeführt! Der Prinz kam nah wenig Tagen ſchon in unſere Heimathſtadt. Mein Mann war niht zu Hauſe, als er uns beſuchte. J< fühlte mi<h verwirrt von den Schmeichelworten, die er mir ſagte, und bei all’ meiner Naivetät machte mir die Art und Weiſe ſeines Benehmens einen ſeltſamen Eindru>.

Meine Verlegenheit ſteigerte fich, als die Mutter ab-= gerufen wurde und der Prinz nun plößli<h ſeinen Ton veränderte, mix flüſternd verſicherte, daß er nur um meinet= willen die Kur abgebrochen habe, daß er mein Freund, mein Beſchüßer ſein wolle, deſſen eine ſo reizende , allein ſtehende Frau ja ſtets bedinfe. Jh ſchaute ihn mit großen, verwunderten Augen an: „Euer Hoheit ſprechen von einer allein ſtehenden Frau,“ ſagte i<h in peinli<hſter Ver= wirrung, „de8halb kann ih nur annehmen, daß Jhre Worte niht mir, ſondern einer Anderen gelten. Denn ih —“ Im felben Augenbli> hörte i< im Nebenzimmer den Schritt Eberhard’s mit einem Gefühl der Befreiung. I< ſprang auf ihn zu, ih nahm feinen Arm: „J<h habe die Chre, Euer Hoheit meinen Mann vorzuſtellen,“ ſagte ih. In voller Uniform ſtand der Lieutenant v. Straaten ſeinem Oberſten gegenüber, bei dem er ſi<h vor wenigen Stunden gemeldet hatte; und wenn dex Prinz auh Welt-= mann genug wax, um ſeine Faſſung: niht zu verlieren, ſo