Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 6.
Von B,. v. Wolfshofer. 201
- Walzer von denen anderer unterſcheiden. Dex geniale Chopin hat Walzer von klaſſiſher Schönheit komponirt und Karl Maria v. Weber hat mit ſeiner „Aufforderung zum Tanz“ ein Tonſtück von unſterblichem Werth geſchaffen. Abex ſie wahren nux den beſtimmten Rhythmus, ohne daß man im Grunde nach ihnen tanzen fann, Dagegen ſ{mei= eſn die Walzer der Wiener Meiſter ebenfo ſehr dem Ohr, wie ſie den Fuß elektriſixen. Der Wiener weiß aber auch ſehr wohl, daß der Ruhm, welchen jene Komponiſten in der ganzen muſikaliſchen Welt genießen, nicht gering anzuſchlagen iſt. Einen Theil davon nimmt ex auch für ſich ſelber in An= ſpruch, wie das Lied beweist, welches heute die Gaſſenjungen allüberall in der prächtigen alten Kaiſerſtadt an der Donau niht ohne einen Anflug von Selbſtbewußtſein jodeln :
„Dós waß nur a Weaner,
A wean'riſ<hes Blut,
Woß a wean’riſ<hex Walzer
Dem Weaner anthut.® oder:
„Denn a twean’riſher Tanz
Un a wean'riſche32 Liad —
Dös is vas fürn Weanex,
Für's wean’riſ<he G’müath.*
Ebenſo natürlich iſt e3, daß man in Wien wie über= haupt in Deutſchland den Walzer am beſten tanzt. Der Taft deſſelben ſcheint dem Fuß bei uns nun einmal an= geboren zu ſein. Das exkennen auch die anderen Nationen offen an, und es gibt wohl dafür kaum einen charafteriſti= ſcheren Beweis, als dex Ausſpruch, welchen der geiſtvolle