Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

Vorſichtigkeit. Mut. 49

verborgen, ſo kann man die übermütige Geſellſchaft in unmittelbarer Nähe hmauſen ſehen, während Kerne, Schalen und angebiſſene Früchte herabregnen.

„Glei den Graupapageien verwüſten die Affen, wenn ſie aus dem Vollen wirtſchaften fönnen, ſehr viel mehr, als ſie verzehren. Unter einer Ölpalme mit reifen Fruchtſtänden liegen unverſehrte und angebiſſene Früchte wie geſäet umher. Es muß ihnen re<ht ſhwierig ſein, in den feſtgeſchloſſenen ſtacheligen Fruchtſtand die erſte Lücke zu brechen; man ſieht es deutli, wie ſie von allen Seiten verſuchen, die Stacheln wegbeißen und mit den Fingern bohren. Die Papageien ſind vermöge ihres kräftigen Schnabels weit geſchi>ter für dieſe Arbeit, die dann von den Affen weitergeführt wird. Unter einer ſtattlichen Anacardiacee mit kirſchengroßen, in Trauben hängenden Früchten liegen in der Reifezeit, wenn die vergeudende Sippſchaft einen Beſuch abgeſtattet hat, die pflaumenblauen Beeren ſo diht umhergeſtreut, daß man manchmal nicht gehen kann, ohne bei jedem Schritte etliche zu zertreten. Ähnlich iſ es bei anderen guten Fruchtbäumen. Die ſcheinbare Verſchwendung hat indes ihren Nugen: des Nachts halten allerlei niht kletternde Tiere, namentli<h Wildſchweine, eine dankbare Nachleſe, und der erfahrene Jäger belauert ſie dort.

„Um die heiße Mittagszeit pflegen die Affen der Ruhe im Waldesdunkel; bis 9 Uhr morgens und nah 4 Uhr nachmittags ſind ſie am vregſten und kommen dann beſonders gern an die Ufer der Gewäſſer.

„Alle mir bekannten Affenarten ſind außerordentlich zählebig und bedürfen einer ſehr gut Felden Kugel oder eines ſtarken Schrotſchuſſes — leßterer, Haſenſchrot, iſt für die meiſten vorzuziehen — um unter Feuer zu verenden. Hat man ſie niht nahe und ſicher, ſo ſchießt man beſſer gar niht, weil die bloß verwundeten Tiere doh niht zu erlangen ſind. Bei ſtrenger Beachtung dieſer guten alten Fagdregel wird man nie in die traurige Lage kommen, einem ſich in Todesqualen windenden Affen den Gnadenſchuß geben zu müſſen.

„Das Fleiſch der Jungen und die Leber aller Altersklaſſen iſt zart und au<h wohlſ{<me>end, doh hindern die begleitenden Gedanken den Europäer, ſich mit der Speiſe auszuſöhnen. Es ſoll übrigens keine8wegs auf die ſo häufig hervorgehobene Ähnlichkeit eines zubereiteten Affen mit einem Kinde angeſpielt werden. Dieſer verbrauchte und gänzlich unpaſſende Vergleich ſollte endlih aus Reiſebeſchreibungen verſhwinden, denn ungefähr mit dem nämlichen Nechte könnte ein gebratener Haſe kinderähnli<h genannt werden. Die Menſchenähnlichkeit des Afffen liegt in ſeinen Bewegungen, nicht in ſeiner Körperform. Eine Ausnahme bilden die ſeltenen Menſchenaffen. Vielleicht könnte man ſie, wenn ſie am Spieße ſteden, mit einiger Phantaſie bei flühtigem Hinbli>e für Menſchen halten. Aber {<werlih haben die Reiſenden, welche immer wieder jenen beunruhigenden Vergleich vorbringen, jemals einen Schimpanſen, viel weniger einen Gorilla braten ſehen.“

Mut kann man den Affen nicht abſprehen. Die ſtärkeren ſtellen ſi ſelbſt fur<htbaren Raubtieren und dem noh gefährliheren Menſchen kühn zur Wehre und laſſen ſi<h auf Kämpfe ein, deren Ausgañg für manchen Angreifer mindeſtens zweifelhaft iſt. Selbſt die zierlihen Meerkagßen gehen, gereizt oder in die Enge getrieben, ihren Gegnern zu Leibe. Größere Affen, namentli<h Menſchenaffen und Paviane, beſißen in ihren Zähnen furchtbare Waffen und können es mit einem Feinde wohl aufnehmen. Weibliche Affen laſſen ſi< nur, wenn ſie ſih ihrer Haut wehren oder ihr Junges verteidigen müſſen, in Streit ein, bethätigen dann aber ebenſo große Tapferkeit wie die Männchen. Schon mit den größeren Pavianarten beginnt ohne Feuergewehr kein Eingeborener einen Kampf; dem Gorilla gegenüber wird er niht einmal dur das Feuergewehr in allen Fällen zum überlegenen Gegner: Jedenfalls iſt der JFähzorn, die beiſpielloſe Wut der Affen, welche ihre Stärke noh bedeutend ſteigert, ſehr zu fürchten, und die Gewandtheit, welche ſie alle beſißen, nimmt ihrem Feinde nur zu häufig die Gelegenheit, ihnen einen entſcheidenden Schlag LS

Brehm, Tierleben. 3, Auflage. I.