Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

Der Affe in altägyptiſcher Bilderſchrift. ST

„Während der Mantelpavian, wie wir ſahen, vorzugsweiſe in mythologiſher Auffaſſung auf ägyptiſchen Denkmälern uns entgegentritt, während ihm der beſondere Vorzug zu teil wurde, an geheiligter Stelle eine Nolle zu ſpielen, treffen wir die anderen drei Arten ſeiner Ordnung, den Babuin und beide Meerkaßen, im altägyptiſchen Hauſe an. Muſik und Tanz, Zwerge, Hunde und Affen bildeten die ergöbliche Unterhaltung in dem Hauſe des vornehmen Ägypters; und ſo finden wir denn in Darſtellungen, welche 11s derartige Szenen vorführen, ziemlih häufig eins von leßteren luſtigen Äffchen abgebildet, wie es, an dem Lehnſtuhle ſeines Herrn angebunden, dieſen dur ſeine komiſhen Sprünge

und Grimaſſen erheitert. EE „Dex Affe gar poſſierlih iſt, Zumal, wenn ev vom Apfel frißt.“

Auch dieſer gewiß wahre Ausſpruh iſt bereits auf den altägyptiſchen Denkmälern wiederholt bildlich dargeſtellt, nur mit dem Unterſchiede, daß es dort niht Apfel, ſondern Feigen ſind, deren Vertilgung der bald auf, bald unter dem Baume ſißende Affe ſih angelegen fein läßt.“

Mir teilen die Ordnung der Affen in die drei Familien der Shmalnaſen (Catarrhini), Breitnaſen (Platyrrhini) und Krallenaffen (Arctopitheci). Schmal: und Breitnaſen haben an allen Fingern und Zehen Nägel, diè Krallaffen nux an den Daumen der hinteren Gliedmaßen, während ihre übrigen Finger und Zehen bekrallt ſind. Schmalnaſen und Breitnaſen unterſcheiden ſich insbeſondere dur< Naſenſcheidewand und Gebiß. Jene iſt hier breit, dort ſ<hmal; demgemäß ſind die Naſenlöcher der Shmalnaſen mehr nah vorn, die der Breitnaſen ſeitwärts gerichtet. Die Schmalnaſen haben ſowohl oben und unten als rehts und links 2 Schneidezähne, 1 Ecßzahn, 2 Lü>en- und 3 Backenzähne. Bei den Breitnaſen ſind die entſprechenden Zahlen 2, 1, 3, 8, bei den Krallaffen 2, 1, 8, 2. Die Schmalnaſen finden ſih nur auf der öſtlichen Erdhalbkugel, es ſind „Altweltsaffen“; Breit-

naſen und Krallaffen ſind als teuweltsaffen“ auf Amerika beſchränkt.

Die Shmalnaſen gleichen in Bezug auf Naſenſcheidewand und Anordnung des Gebiſſes dem Menſchen. Das Gebiß beſit aber im Gegenſaße zum menſchlichen im Oberkiefer zwiſchen dem E>zahne und dem benahbarten Schneidezahne eine Lücke zur Aufnahme des unteren E>zahnes. Bemerkenswert iſt der lange fnöherne Gehörgang am Schädel. Keine Shmalnaſe beſizt einen Greifſhwangz. Die Familie zerfällt in zwei Unterfamilien: | die Menſchenaffen (Anthropomorpha) und die Hundsaffen (Cynopithecini). Fene treten nux mit dem äußeren Fußrande, dieſe mit der ganzen Sohle auf. Den Menſchenaffen fehlen S<hwanz und Ba>entaſchen immer; die wenigſten haben Geſäßſchwielen. Lettere ſind bei den Hundsaffen ſtets vorhanden, häufig beſizen dieſe Backentaſhen und Schwanz.

Die Menſchenaffen (Anthropomorpha), die wir als beſondere Unterfamilie von den übrigen trennen, beſißen folgende Merkmale: Dex Leib iſt menſchenähnlih gebildet; die Vorderglieder aber ſind länger, die hinteren kürzer als bei den Menſchen. Das Geſicht erſcheint namentlih dur< den Bau und die Stellung der Augen und Ohren menſchenähnlicher als das aller übrigen Affen. Ein Schwanz fehlt gänzlih. Das Haarkleid beſteht aus langen, jedo<h ziemli< dünn ſtehenden, ſ{hlihten Grannenhaaren, welche bloß das Geſicht und die Zehen frei laſſen; Geſäßſchwielen ſind meiſt nicht vorhanden. Das Gebiß ähnelt dem des Menſchen; die Eczähne erreichen jedo<h bei alten Männchen tieriſche Größe. Alle hierher gehörigen Affen bewohnen die Alte Welt und zwar Aſien und Afrika.