Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1, стр. 187

Meerkaßen: Treiben im Walde. 129

„Ju weſentlichen“, ſchreibt Pechuel-Loeſche, „ähnelt das individuelle Gebaren der Affen in der Wildnis ſo ſehr demjenigen, welches uns in zoologiſchen Gärten ergößt, daß es hier keiner ausführlichen Schilderung bedarf; dagegen wird manche Einzelheit, mancher lediglich in ihrem Freileben zur Geltung kommende Zug der Mitteilung wert fein. Am häufigſten und eingehendſten kann man in Weſtafrika gewiſſe Arten von Meerkaßen beobachten, die ſih ganz übereinſtimmend benehmen.

„Das Nauſchen belaubter Zweige und das Brechen dürrer Äſte, auh Töne des Wohlbehagens, oft unterbrochen von Gezänk, verraten dem Eingeweihten die Annäherung einer Afffenſchax und die Nichtung, in welcher ſie zieht. Jſt ſie auf der Wanderſchaft begriffen, ſtrebt ſie beſtimmten Zielen zu, ſo ordnet ſie ſich in langer Neihe; jedes folgende Tier nimmt den Weg des vorangehenden, ſchwingt ſih mittels der nämlichen Zweige von Vaum zu Baum. Da ſie nun das ſ{<hwanke Geäſt niht eher belaufen, als bis es nah dem Sprunge des Vorgängers zur Ruhe gekommen iſt, entſtehen in dem Zuge nicht unerhebliche Lücken. Hierdurch wird dem Beobachter das Anſchleichen weſentli erleichtert.

„Jede Bande, die doh wohl nur aus einer weitverzweigten Familie beſteht, hält ſich, mit Ausnahme ſeltener Fälle, geſondert und ſteht unter der Führung eines alten, erfahrenen Männchens — wenigſtens habe ich nie ein Weibchen an der Spibe geſehen. Der Leitaffe iſt ſehr beſorgt um das Wohl der Seinen: er zieht voran, nimmt beim Nuhen in der Regel den höchſten Sig auf dem Baume ein und hält Umſchau, ſteigt zuerſt zum Waſſer hinab und ruft, warnt und lot die übrigen dur verſchiedene Töne, die man bald genau unterſcheiden lernt, aber kaum beſchreiben kann. Am auffälligſten iſt ein, wie es ſcheint, nur von ihm hervorgebrachter weitſchallender Laut — den ih nie von gefangenen Affen hörte — der die Mitte hält zwiſchen einem Schmaßen und einem Bellen, manchmal auch an das Springen eines Champagnerpfropfens erinnert. Dieſer Laut iſt wohl ein Ausdru> dex vollkommenen Zufriedenheit, denn er wird faſt ausſchließli<h gegen Abend, bisweilen auh no< in der Dunkelheit vernommen, nachdem die geſättigte und ermüdete Geſellſchaft einen Naſtbaum für die Nacht erwählt hat. Dann ſieht man öfters die luſtigen Springer, ehe ſie zunt Schlafen zuſammenrü>en, auf den äußerſten, womöglich dürren Zweigen eines Waldrieſen von den Strahlen der untergehenden Sonne beleuchtet, ſich mit einer auf Gegenſeitigkeit beruhenden Reinigung des Felles beſchäftigen oder von ihrem erhabenen Siße mit beneidenswerter Beſchaulichkeit auf die ſhöne Welt unter ſih hinabbli>en. Zum Schlafen ſcheinen ſie ſi< ſtets auf Gabeläſten hart an den Stamm und aneinander zu drücken, ſo daß ſie einen formloſen Klumpen bilden und ſih gegenſeitig wärmen. An kühlen Morgen können ſie ſich gar nicht voneinander trennen. So habe i< in der Frühe ſolche Schlafgeſellſchaften geſehen die um der geliebten Wärme willen ſo innig aneinander gehudelt waren, daß nur die herabhängenden Schwänze eine Schäßung der Zahl ermöglichten. Will man ſich, niht aber den Schläfern, eine Freude bereiten, ſo braucht man ſie nur anzurufen oder zu huſten — dann explodiert der Klumpen förmlich.

„Schießt man von einer Bande das Leittier hinweg, ſo bemächtigt ſih der übrigen vollkommene Ratloſigkeit, und ſie zerſtreuen ſich, kopflos flüchtend, zunächſt nach allen Seiten. Nie ſind ſie aber ſo beſtürzt, daß ſie weitere Schüſſe abwarten, ehe ſie ſih in Sicherheit bringen. Jm beſten Falle kann man einen Doppelſhuß machen, aber auh dazu gehört ſhon ein raſher Shüße. Doch kommt es vox, daß von den Fliehenden ein Unerfahrener troß alles Schre>ens no< einmal poſſierlih zurü>ſchaut und ein Opfer ſeiner Neugier wird. Unbeſchreiblich drollig berührt eine ſolhe Flucht unter erſhwerenden Unſtänden: wenn etwa ein großer Afffenſ<hwarm, welcher ſi<h zu irgend einem dem Menſchen unverſtändlichen Zwe>e auf einem hohen, in der Regel frei aus dem Unterholze aufragenden und blätterloſen Baume verſammelt hat plöblih einen Hauptkrakeeler aus ſeiner Mitte durch

Brehm, Tierleben. 3. Auflage. IT. 9