Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1, стр. 193

Meerkatßen: Bande in Not. Verteidigung. Charakter. 135

Schlangen. Jch habe zu erwähnen vergeſſen, daß unſere Affen Vogelneſter jederzeit unbarm:herzig ausnehmen und nicht bloß die Eier, ſondern auch die jungen Vögel leidenſchaftlich gern freſſen. Wenn ſie aber das Neſt eines Höhlenbrüters ausplündern wollen, verfahren ſie ſtets mit der größten Sorgfalt, eben aus dieſer Furcht vor den Schlangen, welche oft in ſolchen Neſtern ihrer Ruhe pflegen. Mehr als einmal habe ih geſehen, daß, wenn ſie eine Baumhöhlung entde>t hatten, ſie ſtets ſorgſältig unterſuchten, ob nicht etwa eine Schlange darin wäre. Zuerſt wurde hineingeſchaut, ſoweit dies möglich wax, hierauf nahmen ſie das Ohr zur Hilfe, und wenn auch dieſes ihnen nichts Ungewöhnliches mitteilte, ſtre>ten ſie zögernd den einen Arm in die Höhle. Niemals tauchte ein Affe mit einem einzigen kühnen Griffe in die Tiefe, ſondern ſtets in Abſäßen, immer ein Stückchen tiefer, und immer horte und ſchaute er dazwiſchen wieder in das Loch hinein, ob ſih darin das gefürchtete Kriechtier verrate.

Die Fortpflanzungszeit der frei lebenden Meerkaßen ſcheint an keine beſtimmte Fahreszeit gebunden zu ſein. Man ſieht bei jeder Herde Säuglinge, Kinder und Halberwachſene, der mütterlihen Zucht niht mehr Bedürftige. Jn den Gärten und Tierſchaubuden Europas pflanzen ſih die meiſten Arten bei guter Pflege ebenfalls fort, wenn auch ſeltener als Mafaken und Paviane.

Während meines langjährigen Aufenthaltes in Afrika habe ich ſtets viele Affen, und darunter auch regelmäßig Meerkaßen, in der Gefangenſchaft gehalten und berihte nach eigener Erfahrung über das geiſtige Weſen der Tiere, welches man faſt nur an Gefangenen beobachten kann. Jh darf verſichern, daß jedes dieſer merkwürdigen Tiere ſein eigenes Weſen hatte und mix beſtändig Gelegenheit zu ebenſo anziehenden als unterhaltenden Beobachtungen gab. Der eine Affe war zänkiſch und biſſig, der andere friedfertig und zahm, der dritte mürriſch, der vierte immer heiter, dieſer ruhig und einfach, jener pfiffig, ſchlau und ununterbrochen auf dumme, boshafte Streiche bedacht; alle aber kamen darin überein, daß ſie größeren Tieren gern einen Schaberna> anthaten, kleinere dagegen beſchüßten, hegten und pflegten. Sich ſelbſt wußten ſie jede Lage erträglih zu machen. Dabei lieferten ſie täglih Beweiſe eines ſcharfen Verſtandes, wahrhaft berehnender Schlauheit und wirklich vernünftiger Überlegung, zugleich aber auch der größten Gemütlichkeit und zärtlichſten Liebe und Aufopferuug anderen Tieren gegenüber, und ih habe wegen aller dieſer Eigenſchaften einzelne herzli< liebgewonnen.

Als ih auf dem Blauen Fluſſe reiſte, braten mir die Einwohner eines Uferdorfes einmal fünf friſhgefangene Meerkaßen zum Verkaufe. Der Preis war ſehr niedrig; denn man verlangte bloß 1 Mark unſeres Geldes für eine jede. Jh kaufte ſie in der Hoffnung, eine luſtige Rei egeſellſhaft an ihnen zu bekommen, und band ſie der Reihe nah am Shchiffsbord feſt. Meine Hoffnung ſchien jedo<h niht in Erfüllung gehen zu ſollen; denn die Tiere ſaßen traurig und ſtumm nebeneinander, bede>ten ſi<h das Geſicht mit beiden Händen wie tiefbetrübte Menſchenkinder, fraßen niht und ließen von Zeit zu Zeit traurige Gurgeltöne vernehmen, welche offenbar Klagen über das ihnen gewordene Geſchi> ausdrüd>en ſollten. Es iſ auh mögli, daß ſie ſi< über die geeigneten Mittel berieten, aus der Gefangenſchaft wieder loszukommen; wenigſtens ſchien mir ein Vorfall, welcher ſich in der Nacht begab, Ergebnis ihrer Gurgelei zu ſein. Am anderen Morgen nämlich ſaß bloß noch ein einziger Affe an ſeinem Plaze, die übrigen waren entflohen. Kein einziger der Stricke mit denen ich ſie gefeſſelt hatte, war zerbiſſen oder zerriſſen; die ſ<hlauen Tiere hatten vielmehr die Knoten gegenſeitig ſorgfältig gelöſt, an ihren Gefährten aber, welcher etwas weiter von ihnen ſaß, niht gedacht und ſo ihn in der Gefangenſchaft ſigen laſſen.

Dieſer übriggebliebene war ein Männchen und erhielt den Namen Koko. Er trug fein Geſchi> mit Würde und Faſſung. Die erſte Unterſuchung hatte ihn belehrt, daß ſeine