Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1, стр. 194

136 Erſte Ordnung: Affen; erſte Familie: Shmalnaſen (Hundsaffen).

Feſſeln für ihn unlösbar ſeien, und ih meinesteils ſah darauf, ihm dieſe Überzeugung noh mehr einzuprägen. Als Weltweiſer ſchien ſih Koko nun gelaſſen in das Unvermeidliche zu fügen und fraß ſhon gegen Mittag des folgenden Tages Durrakörner und anderes Futter, welhes wir ihm vorwarfen. Gegen uns war er heftig und biß jeden, der ſich ihm nahte; doh ſchien ſein Herz nah einem Gefährten ſi zu ſehnen. Er ſah ſi unter den anderen Tieren um und wählte ſi< unbedingt den ſonderbarſten Kauz, welchen er ſich hätte ausfuchen können: einen Nashornvogel nämlich, welchen wir aus ſeinem heimatlichen Walde mitgebracht hatten. Wahrſcheinlich hatte ihn die Gutmütigkeit des Vogels beſtochen. Die Verbindung beider wurde bald eine ſehr innige. Koko behandelte ſeinen Pflegling mit unverſhämter Anmaßung; dieſer aber ließ ſih alles gefallen. Er war frei und konnte hingehen, wohin er wollte; gleihwohl näherte er ſih oft aus freien Stücken dem Affen und ließ nun über ſih ergehen, was dieſem gerade in den Sinn kam. Daß der Vogel Federn anſtatt der Haare hatte, kümmerte Koko ſehr wenig: ſie wurden ebenſogut na<h Läuſen durchſucht wie das Fell der Säugetiere, und der Vogel ſchien wirklich bald ſo daran ſich zu gewöhnen, daß er ſpäter gleich von ſelbſt die Federn ſträubte, wenn der Affe ſein Lieblingswerk begann. Daß ihn dieſer während des Reinigens hin- und herzog, ihn beim Schnabel, an einem Veine, an dem Halſe, an den Flügeln und an dem Schwanze herumriß, brachte das gutmütige Geſchöpf ebenſowenig auf. Ex hielt ſih zulegt regelmäßig in der Nähe des Affen auf, fraß das vor dieſem liegende Brot weg, pußte ſich und ſchien ſeinen Freund faſt herausfordern zu wollen, mit ihm ſich zu beſchäftigen. Die beiden Tiere lebten mehrere Monate in engſter Gemeinſchaft zuſammen, auh ſpäter noh, als wir nah Chartum zurü>gekehrt waren und der Vogel im Hofe frei umherlaufen konnte. Erſt der Tod des leßteren löſte das ſhöne Verhältnis. Koko war wieder allein und langweilte ſih. Zwar verſuchte ex, mit gelegentlih vorüberſhleihenden Kagen ſih abzugeben, bekam aber von dieſen gewöhnlih Ohrfeigen anſtatt Freundſchaftëbezeigungen und wurde einmal auh mit einem biſſigen Kater in einen ernſthaften Kampf verwi>elt, welcher unter entſezlichem Fauchen, Miauen, Gurgeln und Schreien ausgefochten wurde, aber unentſchieden blieb, obſchon er mit dem Nückzuge des jedenfalls unverſehens gepa>ten Mäuſejägers endete.

Ein junger, mutterloſer Affe gewährte Kokos Herzen endlich die nötige Beſchäftigung. Gleich als er das kleine Tierchen erbli>te, war ex außer ſi< vor Freude und ſtre>te verlangend die Hände nah ihm aus; wir ließen den Kleinen los und ſahen, daß er ſelbſt ſofort zu Koko hinlief. Dieſer erſti>te den angenommenen Pflegeſohn faſt mit Freundſchaftsbezeigungen, drüdte ihn an ſih, gurgelte vergnügt und begann ſodann vor allen Dingen die allerſorgfältigſte Reinigung ſeines vernachläſſigten Felles. Jedes Stäubchen,/ jeder Stachel / jeder Splitter, welche in jenen kletten-, diſtel- und dornenreihen Ländern immer im Felle der Säugetiere hängen bleiben, wurden herausgeleſen und weggekraßt. Dann folgte wieder neue Umarmung und andere Beweiſe der größten Zärtlichkeit. Wenn einer von uns Koko das Pflegekind entreißen wollte, wurde er wütend, und wenn wir den Kleinen ihm wirkli<h abgenommen hatten, traurig und unruhig. Ex benahm ſi ganz, als ob er ein Weibchen, ja als ob er die Mutter des kleinen Waiſenkindes wäre. Dieſes hing mit großer Hingabe an ſeinem Wohlthäter und gehorchte ihm auf das Wort.

Leider ſtarb dieſes Äfſchen tro aller ihm erwieſenen Sorgfalt ſhon na< wenigen Wochen. Koko war außer ſi<h vor Schmerz. Jch habe oft tiefe Trauer bei Tieren beobachtet, niemals aber in dem Grade, wie unſer Affe jeßt ſie zeigte. Zuerſt nahm er ſeinen toten Liebling in die Arme, hätſchelte und liebkoſte ihn, ließ die zärtlihſten Töne hören, ſeßte ihn dann an ſeinem bevorzugten Plate auf den Boden, ſah ihn immer wieder zuſammenbrechen, immer unbeweglich bleiben und bra<h nun von neuem in wahrhaft herzbrechende Klagen aus. Die Gurgeltöne gewannen einen Ausdru>, welchen ih vorher nie