Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

Alfred Edmund Brehm. NXNTN

gemacht hatte, daſelbſt an und brachte mit einem Briefe des Barons von Müller die Beſtätigung der bereits gerüchtweiſe zu Brehms Ohren gelangten böſen Nachricht mit, daß dieſer bankrott ſei. Der Brief enthielt nur Beileidsbezeigungen und Beteuerungen, daß er völlig außer ſtande ſei, Geld zu ſenden. Brehm, als Führer der Expedition, befand ſih nun in der denkbar übelſten Lage. Er hatte ſoeben noh für drei Engländer, die nah Chartum gekommen und in Geldverlegenheit geraten waren, und von denen der eine wenige Tage na ihrer Abreiſe dem Klima erlag, eine kleine Summe auf ſeine Rechnung entliehen und ſah ſi nun, mehr als 3000 km von der Heimat entfernt, im Junern Afrikas verlaſſen und verraten, vielleiht, wenn ſi niht in Chartum ſelbſt hilfreiche Menſchen gefunden hätten, der äußerſten Not, ja dem Hunger preisgegeben! Aber hier trat nun die allezeit Zutrauen erwe>ende Perſönlichkeit Brehms in ihre Rechte, denn mehrere der hilfreihen Menſchen, welche ihn in uneigennüßigſter Weiſe mit Geldmitteln verſorgten, ohne jede Bürgſchaft für deren Rückerſtattung, waren Mohammedaner, deren vollſtes Vertrauen ev dur ſein Auftreten und den Zauber ſeines Weſens gewonnen hatte. Einſtweilen, während er noh auf Geldmittel aus der Heimat wartete, die ihm als Löſegeld dienen ſollten, bot neben der Jagd und dem Verkehre mit den Freunden die Beobachtung eingefangener und gezähmter Tiere dem ſelbſt gefangenen Naturforſcher Troſt und Unterhaltung. Auf ihrem Hofe hielten ſie unter anderem eine Geſellſchaft ſehr anhänglicher Jbiſſe, gelegentlih auh Geierarten, allerlei Affen und einmal auch ein Krokodil, welches ſi< alle möglichen Quälereien gefallen ließ und nur durch in die Naſenlöcher geblaſenen Tabaksrauh wütend gemacht werden konnte. „Ja, wahrlich, ih hätte niht klagen ſollen“, ſchreibt er ſpäter über dieſe Zeit der Not und Ungewißheit, „ich hatte bei aller meiner Armut doh noch viel, ſehr viel. Jh hatte Gottes Sonne und ſeine hochheilige Natur, ih hatte in meinem Hofe eine eigene kleine Welt. Wieviel Vergnügen machten mir meine zahmen Fbiſſe, die lebenden großen Tiere; wie ſ{<meichelten mir die Affen, wie liebkoſte mih Bachida! .…. J<h gewann ſie ſehr lieb, ſie wurde meine beſte Freundin. Jn ihrem Charakter fand man noh Offenherzigkeit, Kraftfülle, Ehrlichkeit und Gemütlichkeit vereint... “ Bachida war eine junge Löwin, welche Latif Paſcha einem Freunde und Hausgenoſſen Brehms, dem deutſchen Kaufmann Bauerhorſt aus St. Petersburg, geſchenkt hatte. Sie wurde ſo anhänglich, daß ſie Brehm wie ein großer Hund auf Schritt und Tritt folgte und nicht ſelten ſein Lager teilen durfte. Mitunter bekam ſie zwar no< Wildheitsrüfälle und mußte dann gezüchtigt werden (einmal ſogar mußte Brehm ein Kind ihren Krallen entreißen!), ſie wurde aber ihrem Pfleger gegenüber immer wieder ſanft und zutraulich. Auch ein Meerkaßenmännchen (Cercopithecus griseo-viridis) gab Gelegenheit zu merkwürdigen Einbli>en in die Tierſeele, ſofern es ſich durchaus untröſtlich zeigte, als ein von ihm an Kindesſtatt angenommenes Äffchen ſeiner Art ſtarb. Brehm hat die rührende Geſchichte bei ſeiner Schilderung der Meerkaßen genauer erzählt, und ih erwähne ſie nur, um anzudeuten, wie ſi hier ſeine tieferen Studien über das Tierſeelenleben vorbereiteten.

Nach 14monatlichem Aufenthalte im Sudan hatte er immer noch keine Mittel auftreiben fönnen, um ſeine Shulden zu bezahlen, und doh drängte das immer häufiger und nahdrüd>licher ſi wiederholende Fieber zum Verlaſſen des mörderiſchen Himmelſtriches. Die Abreiſe