Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

Alfred Edmund- Brehm. NNOCIN

einer neuen Auflage von RNoßmäßlers „Süßwaſſer-Aquarium“ (1875) und vox allem diejenige der zweiten Auflage des „Tierlebens“ an die Reihe, von dem der erſte Band 1876 ausgegeben wurde. Wer die erſte Auflage dieſes großen Werkes mit dev zweiten vergleicht, weiß, daß die Neubearbeitung ein Stü ernſter Arbeit einſ{<loß, denn Brehm hatte ſi< dur< den ſeltenen und verdienten Erfolg niht verführen laſſen, die Hände in den Schoß zu legen, ſondern ergänzte, feilte, verbeſſerte und berichtigte unermüdlich weiter. Das Werk welches urſprünglih nur 6 Bände umfaßte, wuchs faſt auf das Doppelte des Umfanges heran. Zu den erprobten Zeichnern der erſten Auflage war eine Reihe vortrefflicher neuer Künſtler getreten, denen gegenüber es unrecht ſein würde, wenn wir niht wenigſtens Guſtav Müßgels und Ludwig Be>manns beſonders gedenken wollten.

Abex lange bevor er dieſe Arbeit vollendet hatte, gelangte wieder eine Aufforderung zur Mitreiſe in ferne Himmelsſtriche an ihn, dex er bei ſeinem unzähmbaren Forſcher-, Fagdund Reiſedrang nicht zu widerſtehen vermochte, zumal die auf Vermehrung ſeines Nuhmes mehr als ex ſelbſt bedahte Gattin dazu drängte, die Gelegenheit, neue Länder zu ſehen, niht ungenußt vorübergehen zu laſſen. Wir ſprechen von dem Vorſchlage und der Aufforderung ſeines langjährigen Freundes und Berufsgenoſſen Dr. Otto Finch aus Bremen, an der wiſſenſchaftlihen Expedition zur Erforſhung von Weſtſibirien, die von dem „Verein für die deutſche Nordpolarfahrt in Bremen“ ins Leben gerufen wurde, teilzunehmen. Jm weſentlichen beſtand dieſe Expedition, zu deren Koſten A. M. Sibiriakoff in Frkutsk 20 000 Mark beitrug, nux aus Brehm und Finſ<, welche beide ihrem eigentlihen Fache nah Ornithologen waren, und es darf als ein günſtiger Umſtand bezeihnet werden, daß ſih ihnen ein württembergiſcher Offizier, Graf Karl von Waldburg-Zeil-Trauchburg, der zuglei<h Botaniker wax, auf eigene Koſten anſhloß. Die Reiſe wurde nach den beſten Vorbereitungen im Vorfrühling 1876 angetreten, und ſhon am 19. März langten die Teilnehmer mit der Eiſenbahn in Niſhni-Nowgorod an, von wo die Weiterbeförderung auf böſen, durhgetaueten Wegen in Schlitten über den Ural erfolgte, dann teils zu Pferde, teils auf Kamelen dur Koſaken-, Tataren- und Kirgiſenſteppen bis zum Alatau und Altai fortgeſetzt wurde, worauf nah einem kurzen Ausfluge über die chineſiſche Grenze, durch die Gebiete der Samojeden und Oſtjaïen nordweſtli<h nah den Tundren aufgebrochen wurde, bis zum Kariſchen Meere hin, wobei ein anſehnliher Teil des Hin- und Rückweges zu Waſſer, teils in ÜUeineren Fahrzeugen, teils mit Flußdampfern, zurückgelegt wurde.

Troß des außerordentlih freundlichen Entgegenkommens, welches die Teilnehmer faſt überall fanden, war die Reiſe zum Teil re<t beſ<werlih, namentlih in ihrem zweiten Teile auf der Tundra Nordweſtſibixriens, woſelbſt zu der von Brehm in ſeinen ſpäteren Vorträgen mit äußerſter Anſchaulichkeit geſchilderten Unwegſamkeit und Mückenplage noh die damals in jenen Strichen wütende Renntierſeuche kam, die den Lebensunterhalt und das Vorwärtskommen dur das Fehlen des wichtigſten Nahrungs- und Zugtieres jener Striche bedeutend erſhwerte. Die Expedition war in ethnologiſcher Beziehung vielleicht ergebnisreicher als in zoologiſcher und botaniſcher Nichtung, denn die Reiſenden waren ja in dieſen anſiedelungsarmen Gegenden auf den beſtändigen und unmittelbarſten Verkehr mit der einheimiſchen Bevölkerung angewieſen, mußten in den Jurten der Nomaden ſ<hlafen und ihre