Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

NNNVIT Alfred Edmund Brehm.

bis es dem damaligen Chemiker, jeßigen Direktor der Anſtalt, Dr. Hermes, gelang, dieſem Übelſtande abzuhelfen. Ernſthafter waren auch hier die perſönlichen Reibungen, die ſih nah und nah zwiſchen den zum Zuſammenwirken berufenen Männern entwi>elten. Fn dem Bewußtſein des reinſten Strebens für das Beſte der ihm anvertrauten*Anſtalt und in den Mitteln nicht kargend, wurde Brehm leicht ſ{hroff in ſeinen Abweiſungen, wenn man in ſeine Pläne hineinzureden oder ſie gar zu durchkreuzen ſuchte, und ſo wurde auch hier ein erſprießliches Zuſammenwirken mit der Zeit unmöglich und das Amt zuletzt zu einem wahren Martyrium für den ſelbſtbewußten Mann. Auf welcher Seite dabei die größere Schuld gelegen hat, ſoll hier niht unterſuht werden, nur das muß erwähnt werden, daß die Gegenpartei ſo weit ging, dur allerhand dunkle Ehrenmänner die erbärmlichſten Gerüchte gegen die Lauterkeit der Brehmſchen Geſchäftsführung auszuſtreuen. Niedrige Seelen haben zuleßt kein anderes Mittel zu ihrer Kriegsführung als die Verleumdung, aber daß er ſie ſo weit reizen mußte, war ſein tragiſches Verhängnis. :

Nach etwa achtjähriger, äußerlich erfolgreicher Leitung legte er im Frühjahre 1874 müde und krank das Amt nieder, welches er beſſer niht übernommen hätte, und wie ſ{hlimm die Erregungen der lezten Jahre auf ſeine Geſundheit eingeſtürmt hatten, geht daraus hervor, daß er unmittelbar darauf in eine heftige Krankheit (Gehirnentzündung) verfiel und nux mit Mühe und Not aus drohender Leben3gefahr errettet werden konnte. Um ſi< zu erholen, verlegte der vom ſ{<hweren Krankenlager Erſtandene für einige Zeit ſeinen Wohnſiß nah Kunersdoxrf bei Hirſchberg am Rieſengebirge, woſelbſt er ſih in der friſhen Gebirgsluft auch bald ſo erholte, daß er zu Michaelis desſelben Jahres mit ſeiner Familie wieder nah Berlin zurü>kehren konnte. Von da ab iſt er ein freier Mann geblieben, der nux ſeiner natürlichen Anlage und Befähigung, als Naturforſcher und Volks\chriſtſteller zu wirken, lebte und ſeine Zeit fortan ſo einteilte, daß er in der Regel im Sommer an ſeinen Büchern arbeitete, während er im Winter jene Vortragsreiſen dur die größeren Städte Deutſchlands und der benachbarten Länder unternahm, die unter den Gebildeten aller Stände einen fo außerordentlichen Beifall gefunden haben. Brehms Vortrag hatte große Vorzüge, denn abgeſehen von ſeinem klangvollen Organ, verfügte er über die Gabe, ohne falſches Pathos und ohne ſchauſpieleriſhe Künſte einfah und do< überaus eindringli< und lebensvoll zu ſchildern. Obwohl er meiſt über ſeine eigenen Beobachtungen in Afrika oder im hohen Norden berichtete, hatte man niemals das Gefühl, einen berühmten „Afrikareiſenden“, der zehnmal „im Jutereſſe der Wiſſenſchaft“ in Gefahr wax, zu verhungern oder aufgefreſſen zu werden, vor ſih zu haben, und dieſes beſcheidene Zurücktreten der eigenen Perſönlichkeit übte auf alle Zuhörer einen unwiderſtehlichen Zauber. |

Er konnte ſeine Muße damals wohl gebrauchen, denn er hatte jein Buh „Gefangene Vögel, ein Hand- und Lehrbuch für Liebhaber und Pfleger einheimiſcher und fremdländiſchèr Käfigvögel“, von dem 1872 der erſte Band erſchienen wax, und in dem er ſeine eigenen Erfahrungen 1wie diejenigen der namhafteſten Praktiker wiedergab, zu beendigen, und neben der Vollendung dieſes Werkes (1876), welches der Stubenvogelpflege zum erſten Male eine gediegene Grundlage gab, und von welchem der große Aufſhwung dieſer Liebhaberei datiert, für die er auch in der „Gartenlaube“ fortdauernd wirkte, fam die Bearbeitung