Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

Alfred Edmund Brehm. XXXVI

Leitung des Maurermeiſters Seiffarth niht nur zu den phantaſtiſchen Grottenwerken zuſammengefügt zu werden, die das Erſtaunen jedes Beſuchers feſſeln, ſondern auch zu einer „geologiſchen Grotte“ geordnet zu werden, in der man den Bau der Erdrinde mit Einem Blicke überſieht. Auch ſonſt wurde die anregende Belehrung überall und unmerklich der Schauluſt verſhwiſtert, ſo z. B. in einer Darſtellung der künſtlichen Fiſchzucht, die Brehm um ſo mehr am Herzen lag, als er damals dem hilflos daniederliegenden Berliner Shhriftſteller H. Beta den Stoff zu ſeinem Werke über „Die Bewirtſchaftung des Waſſers“ beſchaffte und ihm unermüdlih beiſtand, es in entſprehender Weiſe zu vollenden. Denn Beta verſtand als urſprünglich politiſcher Schriftſteller wenig genug von dieſen Dingen und hätte das Buch ohne Brehms Unterſtüßung gar niht {reiben können.

Es war eine Luſt, zu ſehen, mit welchem Eifer und Erfolge Brehm daran ging, ſeine Anſtalt auch in Bezug auf den Juhalt des Wunderbaues zu der reichſten der Welt zu machen. Sein Name, ſeine vielſeitigen Verbindungen und vor allem ſeine alte Übung und ſein Geſchi> in der Tierpflege kamen ihm hierbei natürlich auf das beſte zu ſtatten. Jh erinnere mich eines Beſuches bei Brehm noch vor Cröffnung des Aquariums, bei dem ich Gelegenheit hatte, ſeine Fürſorge und ſein Geſchik in der Behandlung der Tiere zu beobahten. Wir fanden ihn mitten unter Kiſten und Kaſten, die ihm Tierſchäße aus allen Teilen der Welt zugeführt hatten, und zwiſchen den Kiſten war ein förmliches Gewächshaus von Zimmerpflanzen aufgebaut, auf denen eine große Schar von Chamäleons, wohl an die 40 —50 Stü, ſaßen. Brehm erzählte uns, wie er anfangs in großer Not geweſen wäre, die wunderlichen Tiere am Leben zu erhalten, denn ſie hätten eine jämmerliche Pergamentfarbe angenommen und wollten weder Speiſe noh Trank zu ſi< nehmen. Da ſei er auf die Jdee gekommen, daß ihnen vielleicht der ſtarke Morgentau ihrer Heimat fehle, und er habe ſie mit einem ſogenannten Verſtäuber leiht abgebrauſt, worauf ſie ſo friſch grün und munter wurden, wie wir ſie ſahen. Es war ein wunderbares Genrebild, den Naturforſcher ſo in ſeiner Verſuchsanſtalt zu ſehen, beſonders als ſein kleiner Sohn, der jeßige Arzt Dr. Horſt Brehm, hereinfam und ein junges Krokodil, faſt ſo lang wie er ſelbſt, quer unter dem Arme trug, ohne ſich vox dem drohend aufgeſperrten Rachen desſelben zu fürchten.

Nach alledem war es nuux natürlich, daß ſich das Berliner Aquarium ſeit ſeiner Eröffnung (1869) unter Brehms Leitung bald einen Weltruf erwarb und zum Vorbilde für die meiſten ſpäter errichteten Anſtalten dieſer Art dienen mußte. Noch heute iſt die oben angedeutete Grundidee Brehms für den Beſuch des Aquariums maßgebend geblieben. Man gelangt vom Eingange her zunächſt dur< den „Schlangengang“, in dem ſich zu beiden Seiten allerhand Reptile und Schlangen nebſt Skorpionen und ähnlichem Gezücht im heißen Wüſtenſande regen, in die vom Geſchrei vielfarbiger Vögel erfüllte Hauptgrotte, die den „Urwald“ mit ſeinen Neſter bauenden Vögeln, fliegenden Hunden, Affen und anderen Klettertieren repräſentiert, bevor man an Krokodil- und Schildkrötenbe>en, Biberbauten und anderen Anlagen vorbei zu dem eigentlihen Aquarium und zwar zuerſt zu den Süßwaſſerbe>en und dann zu den Meeresbe>en im unterſten Geſchoß des Baues gelangt. Natürlich fehlte es auch hier nicht an ſahlihen und perſönlichen Hinderniſſen. So bereitete die Herſtellung eines den Meerestieren zuträglichen künſtlichen Seewaſſers anfangs Schwierigkeiten,