Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

Tiger: Tierkämpfe. 413

kleineren, den Tiger enthaltenden Käfig führte. Alle warteten mit Spannung; der Tiger aber erſchien niht. Erſt nachdem ex ziemlih lange dur< brennende Fa>eln gepeinigt worden war, \{hlüpfte er aus dem kleinen in den großen Käfig, zeigte jedoh durchaus keine Kampfluſt. Ex lief einige Male ängſtlich im Kreiſe herum, bis ihm der Büffel, welcher ihn anſcheinend mit dem Gleichmute eines Unbeteiligten betrachtet hatte, einen Stoß gab, worauf er vor Angſt an den Stäben in die Höhe kletterte. Durch kochendes Waſſer, Abſud von Pfeffer und Lanzenſtihe wurde er von dort vertrieben. Beide Tiere wurden unaufhörlich von den oben auf dem Käfig ſtehenden Leuten gereizt, bis der Tiger endlih einen Sprung that und in das rechte Ohr des Büffels feſt ſih einbiß, indem er feine Labe zugleich in den Nacken ſeines Gegners tief einſhlug. Der Büffel verſuchte vergeblih ihn abzuſchütteln, brüllte laut vor Shmerz und ſhleifte ihn mehrmals auf dem Boden ringsumher. Endlich ließ der Tiger los und erhielt ein paar ſo kräftige Stöße, daß er wie tot liegen blieb. Der Büffel bero< ihn; als aber der Tiger den Verſu<h machte, nah ihm zu ſhnappen, erhielt er einen ſolhen Stoß, daß er wieder alle viere von ſi ſtre>te. Die Zuſchauer waren jedoh noh lange nicht befriedigt und wendeten Pfeffer- und Stinkbrühen, Lanzen und brennende Fackeln an, um die erſhöpften Tiere noh einmal aneinander zu bringen. Vergeblich; die kleine Thür wurde endlih wieder geöffnet, und der Tiger, dur Feuer zum Aufſtehen genötigt, ſhlüpfte behend in ſeinen Käfig zurüd>.

„Nachmittags um 5 Uhr fand auf dem Plaßbe vor dem Hauſe des Regenten ein Rompok ſtatt. Der große viere>ige Plaß war mit mehreren Reihen von Lanzenträgern umgeben. Es mochten ihrer wohl über 2000 ſein. Jn der Mitte des Viere>es ſtanden zwei kleine, mit Stroh überſchüttete Käfige und ein dritter, höherer, in Form eines Daches. Die beiden erſten Käfige enthalten je einen Tiger. Ein dichter Kranz von Zuſchauern umgibt die Lanzenträger. Auf ein gegebenes Zeichen wird ein Käfig in Brand geſte>t; der Tiger aber will durchaus nicht erſcheinen. Es iſt dieſelbe arme Beſtie, welche ſhon heute morgen vom Büffel ſo übel zugerihtet wurde. Schon fürchtete man, daß er verbrannt oder erſti>t ſei, als er endlih, mit dem Hinterteile zuerſt, zum Vorſcheine kommt. Kaum aber hat er ſih umgeſehen, ſo läuft er in den brennenden Käfig zurü>, und es dauert abermals geraume Zeit, bis er zum zweiten Male heraustritt. Ohne ſi<h vom Plate zu rühren, muſtert er genau die Umgebung und ſpäht ängſtli<h nah einem Schlupfwinkel. Da er keinen Schritt thut, ſett ſih das mit Bewaffneten angefüllte, dahförmige Geſtell, aus deſſen Öffnungen die langen Lanzen hervorragen, in Bewegung und zwingt endlich das Tier, ſih zu erheben. Da der Tiger faſt immer gegen die Richtung des Windes läuft, ſo war die Windſeite am ſtärkſten bemannt worden; diesmal aber wih er mit rihtigem Takte von ſeiner Gewohnheit ab, ſtürzte ſih plößlih auf eine {{<wa< bemannte Stelle in der Nähe unſeres Pavillons und machte einen verzweifelten Verſuch, durhzubrehen. Kaum hatte er die Stelle erreicht, als er von 20 Lanzen durhbohrt zu Boden ſank. Man ſte>t den zweiten Käfig in Brand. Der mutige JFnſaſſe desſelben ſpringt mit einem Sagte heraus, ſtußzt, muſtert ſeine Feinde, ſett ſi in Lauf und verſucht an der Windſeite einen Durchbruch. Dort zurü>gedrängt, wiederholt er einige Schritte weiter denſelben Verſuch, wird aber ſogleih durhbohrt, indem alle Naheſtehenden, unfähig, ihre Leidenſchaft zu zügeln, ihm ihre Lanzen in den Leib ſtoßen.“

Martens ergänzt Fagors Schilderungen noh dahin, daß zwei nur mit dem Kris bewaffnete Leute den Kaſten öffnen müſſen. „Es iſt heilige Sitte, daß ſie langſamen Schrittes, ohne umzuſchauen, ſi< wieder entfernen, und nie ſoll es vorgekommen ſein, daß einer vom Tiger verleßt worden wäre.“ So ſah es auh Hans Meyer geſchehen. Dies ſcheint ſehr erflärlih; denn das Raubtier, durc die Gefangenſchaft niedergebeugt, fühlt angeſichts der zahlreihen Menſchen durchaus keine Luſt zum Angriffe und deren ſicheres Auſtreten verſhüchtert es.