Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

426 Vierte Ordnung: Raubtiere; erſte Familie: Katen.

ſtammten aus Paläſtina und mochten wohl jung aus dem Lager genommen worden ſein, weil ſie ſo geſittet und ruhig ſih betrugen, wie man dies von einer Wildkatze überhaupt erwarten kann. Außerordentlih wichtig zur Begründung der Anſicht, daß die Falbkate die Stammmutter unſerer Hauskaße iſt, ſind Beobachtungen, welche Schweinfurth im Lande der Njam-Njam machte. Nach ſeinen mündlihen Mitteilungen kommt die Falbkagze hier häufiger vor als in irgend einem bis jeßt bekannten Teile Afrikas ſo daß man alſo das tiefe Jnnere des Erdteiles als das eigentliche Vaterland oder den Kernpunkt des Verbreitungsfreiſes unſeres Tieres anſehen muß. Die Njam-Njam nun beſißen die Hausfage im eigentlichen Sinne des Wortes niht; wohl aber dienen ihnen zu gleichem Zwecke wie lettere halb- oder ganzgezähmte Falbkazen, welche die Knaben einfangen, in der Nähe der Hütten anbinden und binnen kurzer Zeit ſo weit zähmen, daß ſie an die Wohnung ſih gewöhnen und in der Nähe derſelben dem Fange der überaus zahlreichen Mäuſe mit Eifer obliegen.

„Die Kaze“, ſagt Ebers in ſeiner „Ägyptiſchen Königstochter“, „war wohl das heiligſte von den vielen heiligen Tieren, welche die Ägypter verehrten. Während andere Tiere nur beziehungsweiſe vergöttert wurden, war die Kate allen Unterthanen der Pharaonen heilig. Herodot erzählt, daß die Ägypter, wenn ein Haus brenne, niht eher ans Löſchen dächten, bis ihre Kate gerettet ſei, und daß ſie die Haare als Zeichen der Trauer ſich abſhören, wenn ihnen eine Kaße ſtürbe. Wer eines dieſer Tiere tötete, verfiel, mochte er mit Wollen oder aus Verſehen der Mörder desſelben geworden ſein, unerbittli<h dem Tode. Diodor war Augenzeuge, als die Ägypter einen unglü>lihen römiſchen Bürger, welcher eine Kaße getötet hatte, des Lebens beraubten, obgleich, um der gefürchteten Römer willen, von ſeiten der Behörden alles mögliche geſchah, um das Volk zu beruhigen. Die Leichen der Kaßen wurden kunſtvoll mumiſiert und beigeſeßt; von den vielen einbalſamierten Tieren wurden keine häufiger gefunden als die ſorgfältig mit Leinenbinden umwi>elten mumiſierten Katen.

„Die Göttin Pacht oder Baſt, welche mit dem Kagenkopfe abgebildet wird, hatte zu Bubaſtis im öſtlichen Delta ihr vornehmlichſtes Heiligtum. Dorthin brachte man gewöhnli< die Kaßenmumien, welche aber au< an anderen Orten, namentlich ſehr häufig beim Serapeum, gefunden worden ſind. Die Göttin war nah Herodot gleich der griechiſchen Artemis und wurde die Bubaſtiſhe genannt. Nah Stephanus von Byzanz ſoll die Kate auf ägyptiſh „Bubaſtos* geheißen haben. Übrigens nannte man die Tiere für gewöhnlich „Mau-Mie‘. Jn der Pacht ſcheint man auh die Beſchützerin der Geburt und des Kinderſegens verehrt zu haben, und ebenſo ſcheint es nach der Veröffentlihung der Tempelinſchriften von Dendrah dur<h Dümichen keinem Zweifel zu unterliegen, daß man in der Baſt gewiſſe Seiten der durch die-Phöniker den Ägyptern zugekommenen Aſtarte oder Venus Urania verehrte.“

Während die Kaße bei den alten Ägyptern als heiliges Geſchöpf angeſehen wurde, erſchien ſie (oder rihtiger die Wildkaße, beziehentlih der Luchs) den alten Deutſchen als das Tier der Freyja, deren Wagen ſie dur< die Wolken zieht, und ging in der ſpäteren Zeit allgemach in ein mehr oder weniger geſpenſtiges Weſen über, welches heutzutage noch im Aberglauben fortlebt. Die Kage iſt, laut Wuttke, wahrſagend und hat Zauberkraft. Eine dreifarbige Kaße ſhüßt das Haus vor Feuer und anderem Unglü> die Menſchen vor dem Fieber, löſht auh das Feuer, wenn man ſie in dasſelbe wirft, und heißt deshalb „Seuerkae“. Wer ſie ertränkt,-hat kein Glü> mehr oder iſt ſieben Jahre lang unglü>lih; wer ſie totſchlägt, hat ebenfalls fernerhin kein Glü>; wer ſie ſhlägt, muß es von hinten thun. Die Kate zieht Krankheiten an ſich; ihre Leiche dagegen, unter jemandes Thürſchwelle vergraben,