Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

434 Vierte Drdnung: Raubtiere; erſte Familie: Katzen.

die ihn doh aufgeſuht haben, wollen keineswegs, daß er ſih ihnen nahe. Er muß alles erkämpfen. Fn mondhellen Nächten lärmen ſie ärger als die wildeſten Nachtbuben.“/

Die Paarung der Hauskaße erfolgt gewöhnlih zweimal im Jahre, zuerſt Ende Februar oder Anfang März, das zweite Mal zu Anfang des Juni. 55 Tage nah der Paarung wirft ſie 5—6 Junge, welche blind geboren werden und erſt am neunten Tage ſehen lernen. Gewöhnlih erfolgt der erſte Wurf Ende April oder Anfang Mai, der zweite Anfang Auguſt. Die Mutter ſut vorher immer einen verborgenen Ort auf, meiſt den Heuboden oder niht gebrauchte Betten, und hält ihre Jungen ſolange als möglich verborgen, namentlih aber vor dem Kater, welcher dieſelben auffrißt, wenn er ſie entde>t.

Die jungen Käßchen ſind außerordentlich hübſche, ſ<mu>e Tierchen. Der Mutter Liebe zu den Jungen iſt großartig. Sie bereitet den no< Ungeborenen ein Neſt und trägt die Jungen augenbli>lih von einem Orte zum anderen, ſowie ſie Gefahr für ſie fürchtet; dabei faßt ſie zart nur mit den Lippen ihre Haut im Genie an und trägt ſie ſo ſanft dahin, daß die Miezchen davon kaum etwas merken. Während ſie ſäugt, verläßt ſie die Kinder bloß, ‘um für ſih und ſie Nahrung zu holen. Manche Katen wiſſen mit ihren erſten Jungen nicht umzugehen, und es muß ihnen von den Menſchen oder von alten Kagen erſt förmlich gezeigt werden, wie ſie fi zu benehmen haben. Eine Kage hatte ſich gewöhnt, die Mäuschen, welche ſie gefangen hatte, immer am Schwanze zu tragen, und wandte dieſe Art der Fortſchaffung ſpäter auch bei den erſten ihrer eigenen Jungen an. Dabei ging es aber nicht ſo gut wie bei den Mäuschen; denn die jungen Käßchen klammerten ſi<h am Boden feſl und verhinderten ſo die Alte, ſie fortzuſchaffen. Die Herrin der Wöchnerin zeigte ihr, wie ſie ihre Kinder zu behandeln habe. Sie begriff dies augenbli>li< und trug ſpäter ihre Kleinen immer, wie andere Mütter ſie tragen. Daß alle Kaßen mit der Zeit viel beſſer lernen, wie ſie ihre Kinder zu behandeln haben, iſ eine ausgemahte Thatſache.

Wenn ſich einer ſäugenden Kaße ein fremder Hund oder eine andere Kate nähert geht ſie mit der größten Wut auf den Störenfried los, und ſelbſt ihren Herrn läßt ſie nicht gern ihre niedlichen Jungen berühren. Dagegen zeigt ſie zu derſelben Zeit gegen andere Tiere ein Mitleiden, welches ihr alle Ehre maht. Man kennt vielfache Beiſpiele, daß ſäugende Katen kleine Hündchen, Füchshen, Kaninchen, Häschen, Eichhörnchen , Ratten, ja ſogar Mäuſe ſäugten und großzogen, und ih ſelbſt habe als Knabe mit meiner Kage derartige Verſuche gemacht und beſtätigt gefunden. Einer jung von mir aufgezogenen Kate brachte ich, als ſie das erſte Mal Funge geworfen hatte, ein noch blindes Eihhörnchen, das einzige überlebende von dem ganzen Wurfe, welchen wir hatten großziehen wollen. Die übrigen Geſchwiſter des kleinen netten Nagers waren unter unſerer Pflege geſtorben, und deshalb beſchloſſen wix, zu verſuchen, ob niht unſere Kaße ſih der Waiſe annehmen werde. Und ſte erfüllte das in ſie geſeßte Vertrauen. Mit Zärtli<hkeit nahm ſie das fremde Kind unter ihre eigenen auf, nährte und wärmte es aufs beſte und behandelte es gleih vom Anfange an mit wahrhaft mütterliher Hingebung. Das Eichhörnchen gedieh mit ſeinen Stiefbrüdern vortrefſlih und blieb, nachdem dieſe ſhon weggegeben waren, noch bei ſeiner Pflegemutter. Nunmehr ſchien dieſe das Geſchöpf mit doppelter Liebe anzuſehen. Es bildete ſih ein Verhältnis aus, ſo innig, als es nur immer ſein konnte. Mutter und Pflegekind verſtanden ſi vollkommen, die Kaße rief nah Kaßenart, Eichhörnchen antwortete mit Knurren. Bald lief es ſeiner Pflegerin dur< das ganze Haus und ſpäter auc in den Garten nah. Dem natürlichen Triebe folgend, erkletterte das Eichhörchen leiht und gewandt einen Baum, die Kate blinzelte nah ihm empor, augenſcheinlih hö<hſt verwundert über die bereits ſo frühzeitig ausgebildete GeſchiÆlichkeit des Grünſhnabels, und kraßte wohl auh ſhwerfällig hin: ter ihm drein. Beide Tiere ſpielten miteinander, und wenn auh Hörnchen ſi etwas täppiſh benahm, der gegenſeitigen Zärtlichkeit that dies keinen Eintrag, und die geduldige