Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

Löwe: Jagd, Fangweiſe in Nordafrika. Geſchichtliches. 459

Löwen entweder in Fallgruben oder folgen in dem friſchgefallenen Schnee der Fährte der Mutter bis zu ihrem Verſte>e und rauben in ihrer Abweſenheit die Jungen. Daß ein ſol<es Unternehmen niht ohne Gefahr iſt, leuchtet ein.“

Úber wenige Tiere iſt von jeher ſo viel gefabelt worden und wird noh heutigestags ſo viel gefabelt wie über den Löwen. Die Nachrichten über ihn laufen, wie leicht begreiflich, bis in das graueſte Altertum zurü>. Die altägyptiſchen Denkmäler ſtellen ihn in den verſchiedenſten Lagen ſeines Lebens dar und überzeugen uns, daß die alten Ägypter ihn ſehr gut gekannt, auh ſchon ganz richtig eingeordnet haben. „Die altägyptiſche Sprache“, bemerkt Johannes Dümichen, welcher das Nachſtehende für das „Tierleben“ niederzuſchreiben die Güte gehabt hat, „kennt für Löwe und Kaze nur ein und dasſelbe Wort. Die Gruppe, dur welche dieſes in der Bilderſchrift bezeihnet wird, hatte die Ausſprache ,Maau‘/ ein Wort, in welchem die klangbildliche Grundlage nict zu verkennen iſt. Ob dieſe Gruppe in den Jnſchriften nun die eine oder die andere Bedeutung hat, entſcheidet das Determinativ, d. h. dasjenige Bild, welches der voranſtehenden Gruppe noch zur beſonderen Erläuterung nahgeſtellt iſt, in unſerem Falle alſo das Bild eines Löwen oder das einer Kate. Außer ,Maau‘ kommen noh vor die Worte Ar‘ und Tam, lebteres insbeſondere zur Bezeihnung einer Sonnengottheit, welche in der im öſtlichen Delta gelegenen Stadt Tal, dem Zoan der Bibel und Tanis der Griechen, dem heutigen San, unter dem Bilde eines Löwen, als Schüßer der Pforten des Oſtens und ſiegreiher Kämpfer gegen den aſiatiſchen Baal verehrt wurde. Daß die alten Ägypter dem Löwen die erſte Stelle unter allen Raubtieren einräumten, unterliegt aus dem Grunde keinem Zweifel, als das Wort ,„Maau* allgemein zur Vezeihnung der ganzen Ordnung gebraut wurde. So heißt es in dem nach ſeinem Beſitzer genannten Papyrus Harris: „D Herr der Götter, wolle abwehren von mir alle wilden Raubtiere (Maau-u) des Landes, die Krokodile in dem Strome und die Schlangen alle, welhe ſtehen“. Jn dem hieroglyphiſhen Schriftſyſtem, als ein Klangbild gebraut, iſt das Bild eines ruhenden Löwen der Vertreter des Lautes R oder L, welche in der ägyptiſchen Sprache noh niht getrennt waren, daher wir no< im Koptiſchen, der Tochter des Altägyptiſchen, dieſelben Worte, in denen in den entſprechenden hieroglyphiſhen Gruppen das Zeichen des ruhenden Löwen als Vertreter des R oder L auftritt, bald mit R, bald mit L geſchrieben finden.

„Auf Denkmälern aus faſt allen Zeiten des ägyptiſchen Reiches, auch ſchon auf ſolchen, denen wir ein Alter von mindeſtens 4000 Jahren zuſchreiben müſſen, wie z. B. in den Gräbern bei den Pyramiden von Sakhara, begegnen uns unter dem Bilderſ<hmu>e der Wände in Tempeln und Grabkammern nicht ſelten Darſtellungen freilebender und gezähmter Löwen, und zwar kommt, was Beachtung verdient, niht bloß der afrikaniſche, ſondern auch der aſiatiſ<he Löwe vor, lebterer bald von aſiatiſhen Völkerſchaften als Tribut herbeigeführt, bald von den auf Kriegszügen in Aſien weilenden Königen verfolgt. Die älteſie mir bekannte Darſtellung einer Löwenjagd weiſt eine Grabkammer bei Sakhara auf, deren Bilderſ<hmu> unzweifelhaft zu den gelungenſten Schöpfungen altägyptiſcher Kunſt gehört und der Tierbilder wegen den Tierkundigen empfohlen ſein mag. Der Fnhaber des Grabes, in den Fnſchriften Ptah-Hoteb genannt, ein hoher Würdenträger des Reihes unter König Tatkara-Aſſa, dem Tancheres der fünften Manethoniſchen Dynaſtie, wahrſcheinlih derſelbe, welcher die unter dem genannten Könige ſo berühmt gewordenen Weisheits\ſprüche über den Umgang mit Menſchen ſchrieb, beweiſt, daß er auh mit Tieren umzugehen und ihre Jagd auszuüben verſtand. Jm erſten Teile meiner „Reſultate einer archäologiſchen Expedition‘ habe ih ſämtliche Darſtellungen und Jnſchriften der vier Wände und unter ihnen auch die erwähnte Jagdſzene wiedergegeben. Es iſt hier niht, wie auf anderen Bildern, ein Angriff auf den Löwen mit Speer und Lanze, ſondern ein Überliſten