Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

6 Ein Blick auf das Leben der Geſamtheit.

Muskeln, welche den Augapfel bewegen, ſind oft zuſammengeſetter und zahlreicher als bei dem Menſchen; denn zu den vier geraden und zwei ſchiefen, welche hier wirken, treten no< andere hinzu. Der Geſchma> iſ weit vollkommener als. der der Vögel, wie ſchon die fleiſchige, nervenreihe Zunge ſ{<ließen läßt. Dieſe zeigt ſi übrigens höchſt verſchieden hinſichtlich ihrer Geſtalt, Beſchaffenheit und Bewegungsfähigkeit: ſie kann breit platt, fla und unbeweglich oder ſ{hmal, lang, ja wurmförmig und vorſtre>bar ſein, iſt zuweilen an den Seiten gefranſt, zuweilen mit Hautſtacheln beſeßt, wie die Zunge des Löwen und aller Katen überhaupt, kann auh noh eine Art Unterzunge haben. Das Gefühl endlich zeigt ſich als Taſtſinn in oft hoher Ausbildung und kann insbeſondere durch die Naſe oder dur< die Hand oder au<h dur< Schnuxrrhaare vermittelt werden. Das Vermögen der Empfindung macht ſih ſtets und faſt an allen Leibesteilen bemerklich.

Die Haare, welche wir als Grannen- und Wollhaare, Wolle und Borſten unterſcheiden, ſind allerdings vorherrſchend; do<h kommen au< Schuppen und Stacheln, hornige Schilder und hornartige Hautſhwielen oder die bloße Haut als äußere Leibesbede>ungen vor, wie ja überhaupt die Gebilde der Oberhaut höchſt verſchieden ſein fönnen, obgleich ſie alleſamt nur als mannigfaltige Ausprägungen eines und desſelben Stoffes betrachtet werden müſſen. Eine ſolche Verſchiedenheit zeigt fich au< in den Nägeln, welche bald platt und dünn, bald rund und di>, gerade und gebogen, ſtumpf und ſcharf oder Nägel und Krallen, Klauen und Hufe ſind.

Das männliche Säugetier beſizt immer eine als Reiz- und Begattungsorgan dienende Nute, welche die von den paarigen Hoden abgeſonderte Samenflüſſigkeit in die Scheide des Weibchens überträgt. Alle weiblichen Säugetiere beſizen einen paarigen, aber bei dem Schnabeltiere und Ameiſenigel auf der re<ten Seite verkümmerten Eierſto>. Der Eierſto> iſt rundlich, eiförmig oder traubig und enthält viele nur bei den Gabeltieren anſehnliche Eierchen, über die erſt die Neuzeit Genaueres berihten konnte. Von hier aus führen die paarigen Cileiter zum Fruchtbehälter hinab, welcher bei den Gabel- und Beuteltieren bloß eine Erweiterung des Eileiters und ſomit glei<falls doppelt vorhanden iſt; ähnliches gilt au< von den Fruchtbehältern der meiſten Nager und des Erdferkels. Bei den höher ſtehenden Ordnungen ſ{<milzt der Fruchtbehälter zu einem einzigen Sa>e zuſammen. - Ex mündet mit dem Harnleiter bei den Schnabeltieren in den unteren Maſtdarm, bei allen übrigen in die, bei den Beuteltieren doppelte, Scheide. — Die äußeren Ernährungsdrüſen für das neugeborene Junge, die Brüſte, fehlen bei keinem Säugetiere, ſind aber bei den Gabeltieren umgewandelte Schweiß=, bei den anderen Säugern zur Milchabſonderung tauglich gewordene Talgdrüſen. Bald ſind ſie an die Bruſt allein, bald zwiſchen die Leiſten, bald endlih auf Bruſt, Bauch und Leiſtengegend zugleich geſtellt und {wanken bedeutend auh in ihrer Anzahl. Kurz vor und nach der Zeugung treten ſie in Wirkſamkeit; in der Kindheit ſind ſie nur in der Anlage vorhanden. Eine Bruſtwarze oder Zive kommt bei den Gabeltieren niht zur Ausbildung.

Dieſe allgemeinen Bemerkungen mögen für unſere oberflächliche Betrachtung des Säugetierleibes genügen. Wer ſih darüber ausführlih belehren will, findet Hand- und Lehrbücher genug, welche ihn in verſtändliher Weiſe mehr berichten können. Unſer Zwe> iſt, das Zuſammenwirken von Leib und Seele, das Leben des ganzen Tieres kennen zu lernen, und dieſen Zwe> faſſen wix daher vor allem ins Auge.

Das Leben aller Angehörigen unſerer Klaſſe bietet uns reichen Stoff zur Belehrung und Unterhaltung. Die Säugetiere ſind nicht ſo leichtlebig wie die Vögel; ſie ſind viel bedächtiger und ſhwerfälliger als jenes bewegungsluſtige Volk der Höhe. Jhnen mangelt die