Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

Schwimmen. 11

zu erhalten: ih glaube bloß der ungeübte Menſch und einige Affen, z. B. die Menſchenaffen und die Paviane; daß lebtere wohl ertrinken können, wenn ſie in das Waſſer fallen, weiß ih aus Erfahrung. Alle übrigen verſinken wenigſtens nicht alsbald in die Tiefe. Die Meerkaßen ſ{hwimmen und tauchen vortrefflich; die Fledermäuſe erhalten ſich lange Zeit auf den Wellen; die Raubtiere, Nager, Ein- und Vielhufer ſ{<hwimmen wohl faſt ſämtlih; unter den Beuteltieren gibt es wenigſtens eins, welhes nur im Waſſer lebt, und die übrigen kommen wahrſcheinlih au< niht gleih darin um. Eigentliche Waſſerſäugekiere aber find, mit Ausnahme der den höheren Ordnungen angehörigen Waſſerbewohner, doh bloß die wahren Fiſhſäuger: die Seekühe und die Waltiere. Sie ſind gleihſam zu ſäugenden, kiemenloſen Fiſchen geworden und brauchen ihr Wohngebiet allein der Atmung wegen noh auf wenige Augenbli>e (wenigſtens mit einem Teile ihres Leibes) zu verlaſſen; ſie werden im Waſſer geboren, leben, lieben und ſterben in ihm. Kein Schwimm- oder Tauchvogel dürfte ſie in der Schnelligkeit, kaum einer in der Gewandtheit ihrer Bewegungen übertreffen: Waſſerſäugetiere und Waſſervögel ſtehen ſi< dur<hſ<hnittlih gleich.

Es iſt anziehend und belehrend zugleih, die Steigerung der Schwinumthätigkeit zu verfolgen und die den Shwimmern gegebenen Bewegungswerkzeuge vergleichend zu betrachten. Wir können dabei zuerſt auch auf die unfreiwilligen Shwimmer bli>en. Hier iſt das behufte Bein als das unvollkommenſte Werkzeug anzuſehen; allein unter den Vielhufern treffen wir bereits ausgezeihnete Shwimmer, ja im Flußpferde ſchon ein e<tes Waſſertier. Die Hand ſteht höher als der Huf, erfordert aber wie immer ſo auh zum Schwimmen größere Geſchi>lichkeit. Viel leichter wird dies den Pfotentieren. Die weit vorreichende Fingerverbindung durch die Spannhaut läßt aus der Pfote ein breiteres Ruder bilden, und dieſes muß um ſo vollkommener ſein, je mehr die Spannhaut ſih ausdehnt und zur Sc<hwimmhaut wird. Übrigens iſt lettere keineswegs unbedingtes Erfordernis zu geſchicktem Schwimmen: denn die Waſſerſpißmaus ſ{<hwimmt unzweifelhaft ebenſogut wie das Schnabeltier, obgleich bei ihr nur ſtraffe Haare zwiſchen den Zehen den breiten Entenfuß des leßteren erſehen. Die Robben ſtehen in der Mitte zwiſchen den Pfotentieren und den eigentlichen Fiſchſäugern. Jhre Füße ſind nux no< dem Namen nah Füße, in Wahrheit aber bereits Floſſen; denn die Zehen ſind ſchon gänzlich in die Bindehaut eingewi>elt, und nur die Nägel laſſen ſie äußerlih no< ſihtbar erſcheinen. Bei den Walen fehlt auch dieſes Merkmal;* die Zehen werden dur< Knorpelgewebe diht und unbeweglih miteinander verbunden, und bloß die geſamte Floſſe iſt noh beweglich; die hinteren Gliedmaßen verſhwinden, aber der Schwanz breitet ſih wagereht zur e<hten Floſſe aus: das Mittelding zwiſchen Säuger und Fiſch ſteht vor uns. Eine ſolche Verſchiedenheit der Werkzeuge ändert auch die Bewegung. Die Huf- und Pfotentiere gehen oder ſtrampeln im Waſſer und ſtoßen ſih dadur< weiter; die Floſſen- und Fiſchſäuger fördern ſih, indem ſie ihre Ruder auh rudermäßig benußzen, d. h. mit der ſ{hmalen Kante durch die Wellen vorſchieben und dann mit der Breitſeite gegen ſie drü>en, oder aber den Floſſenſhwanz kräftig ſeitlih oder auf und nieder bewegen, wie der Bootsmann ſein Fahrzeug mit einem Ruder durch die Fluten treibt, wenn ex dieſes im Stern einlegt und bald nah re<ts und bald nach links hin drüdt, immer aber mit der Breitſeite wirken läßt. Die Pfotentiere mit Schwimmhäuten legen ihre Nuder zuſammen, wenn ſie die Beine vorwärts bewegen, und breiten ſie aus, wenn ſie gegen das Waſſer arbeiten: ſie rudern wie die Vögel.

Nach den Beobachtungen der Walfänger kann die Schnelligkeit der Shwimmbewegung beinahe mit der des Laufes wetteifern; denn ein angeworfener Nordwal verſinkt, laut Scoresby, ſo geſ<hwind, daß, wenn er ſo forttauhen könnte, ex in einer Stunde Zeit eine Stre>e von 12 Seemeilen oder über 22 km, etwa 6 m in 1 Sekunde, zurü>legen würde. Die Hälfte dieſer Stre>e durcheilt ex in derſelben Zeit ohne Anſtrengung. Große Wale