Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

E36 Vierte Ordnung: Raubtiere; erſte Familie: Katen.

und nimmt die Zeit wahr, in welcher die Landleute Sieſta halten, es alſo auf weithin möglichſt ruhig iſt. Hinter Steinen oder im Gebüſche wohl verborgen, läßt er jeßt in Zwiſchenräumen ſein Pfeifchen ertönen, wenn ſih ein Luchs in der Nähe befindet, ſelten vergeblich. Denn ſchon nach der erſten Reizung erhebt ſich das Naubtier von ſeinem Lager und kommt, Lauſcher und Seher in beſtändiger Bewegung, lautlos herbeigeſ<hlihen, in der Abſicht, das vermeintliche Wild zu erbeuten.

„Das Fleiſch gilt in ganz Spanien als großer Leckerbiſſen und zwar keineswegs unter dem gemeinen Volke allein, ſondern auh unter Gebildeten, iſt von blendend weißer Farbe und ſoll dem Kalbfleiſche ähnlich ſ{hme>en. Jch habe es nie über mih vermocht, es zu verſuchen. Das Fell wird vielfah verwendet und am meiſten zu Ja>en und Müten verbraucht, beſonders von Stierfehtern und deren Freunden, den Kutſchern der Stellwagen, Zigeunern und anderen Leuten, welche ſi<h mit Pferden beſchäftigen. Nah Madrid allein kommen jährlih no< immer 200—300 Felle von Pardelluchſen, welche in den benachbarten Gebirgen erlegt wurden.“ '

Auf die Luchſe laſſen wir ein eigentümliches Bindeglied zwiſchen Kaßen und Hunden, die Fagdleoparden oder Geparde, folgen. Die Geparde tragen ihren Gattungsnamen Cynailurus — Hundsfaße — mit vollem Rechte; denn ſie ſind wirklih halb Katen und halb Hunde. Kabßenartig iſt noh der Kopf, kaßenartig der lange Shwanz, hundeartig aber der ganze übrige Körper, hundeartig zumal erſcheinen die langen Beine, deren Pfoten nur noch halbe Pranken genannt werden können. Noh iſt hier die ganze Einrichtung zum Einziehen und Hervoxrſchnellen der Klauen vorhanden, aber die betreffenden Muskeln ſind ſo ſ<wa< und kraftlos, daß die Krallen faſt immer hervorragen und deshalb wie bei den Hunden dur< Abnußung geſtumpft werden. Das Gebiß gleicht im weſentlihen dem anderer Katen, die E>zähne aber ſind ähnlich wie die der Hunde zuſammengedrüt. Dieſer Zwiſchenſtellung entſpricht das geiſtige Weſen unſerer Tiere: ihr Geſichtsausdru> iſ noch kagenähnlich; aber die Hundegemütlichkeit ſpricht ſhon aus den Augen hervox, welhe Sanftmut und Gutmütigkeit bekunden.

Der derzeitige Stand unſerer Kenntniſſe berehtigt uns no< nit, zu entſcheiden, ob die Gattung der Geparde mehr als eine Art zählt. Einige Forſcher nehmen unbedenklich an, daß die afrikaniſchen und aſiatiſchen Jagdleoparden gleichartig ſeien, andere unterſcheiden neben dem Tſchita oder aſiatiſhen Gepard, in Fndien außer Tſchita auh Laggar und Sivungi, in Perſien Yus-palang genannt (Cynailurus jubatus, Felis und Gueparda jubata), und dem Fahhad oder afrikaniſchen Fagdleoparden, von den Kaffern Ngulule, von den Herero Onguirira genannt (Cynailurus guttatus, Felis und Gueparda guttata, venatica), no< den Tüpfelgepard (Cynailurus s0emmerringii) und den wolligen Gepard (Cynailurus laneus). Die Entſcheidung dieſer Streitfragen hat für uns keine Bedeutung, da Lebensweiſe, Sitten und Betragen aller Fagdleoparden im weſentlichen dieſelben zu ſein ſcheinen. Der Tſchita iſt ſehr ſhlank und ſ<hmähtig, auth viel hohbeiniger als die eigentlihen Kaßen, der Kopf klein und mehr hundeartig geſtre>t, als kfaßenartig gerundet, das Dhr breit und niedrig, das Auge durch ſeinen runden Stern au3gezeihnet, der Balg ziemlih lang und ſtruppig, namentlih auf dem Rü>en, die Grundfärbung des Pelzes ein ſehr lichtes Gelblihgrau, auf welhem ſ<hwarze und braune Fle>en ſtehen, die auf dem Rücken dicht gedrängt ſind, ja faſt zuſammenfließen, auh an dem Bauche ſich fortſeßen und ſelbſt den Schwanz noch teilweiſe bede>en, da ſie nur gegen das Ende hin zu Ringeln ſih verbinden. Die Leibeslänge des Tſchita beträgt nah Jerdon bis 137 cm, die Länge des Schwanzes bis 76 cm, die Höhe am Widerriſte 76—84 ecm. Dem Fahhad fehlt die Na>enmähne faſt gänzlich; die Grundfarbe ſeines Pelzes iſt faſt orangengelb, der