Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

Gepard: Stimme. Schnelligkeit. Geſchichtlihes. Verwendung. 539

von Leibe: Die kleinere Art aber war ſo groß wie ein Hund. Dieſer kleinere Leopard wurde bißweilen, wann der König ſeine Luſt ſehen wolte, von dem Wärter hinten auff dem Pferde auff einem Küſſen, mit einer Ketten angebunden, mit auff die Jagt geführt, da man ihn dann von der Ketten loß- und ihm einen Haaſen vorlauffen lieſſe, welchen er alßbald mit etlihen groſſen Sprüngen erhaſchte, und ihn in Stücken zerriſſe. Wann aber der Jäger, oder Wärter, den Leopard wieder anbinden wolte, gieng er rü>lings, damit ex ſein Angeſicht niht ſehen mögte, auff ihn zu, both ihm, zwiſchen den Beinen durch, ein Stücklein Fleiſch dax, und machte ihn alſo wieder gut, band ihn hernach mit der Kette, ſtreichelte und führte ihn zu dem Pferde, auff welches ex von ſi ſelbſten, ohne Müh, auff ſeinen Plaß ſprang.“ Daß dieſe Schilderung ſih nur auf den Gepard beziehen kann, unterliegt keinem Zweifel. Auch Leopold L., Kaiſer von Deutſchland, erhielt vom türkiſchen Sultan zwei abgerichtete Tſchitas, mit denen er oftmals jagte. Die Herrſcher der Mongolen trieben ſo großen Luxus mit unſeren Tieren, daß ſie oft gegen 1000 Stück mit auf die großen Fagdzüge nahmen. Noch heutigestags ſollen die Meuten dieſer Kaßenhunde bei einigen einheimiſchen Fürſten Fndiens einen niht geringen Aufwand erfordern. Jhre Abrichtung muß von beſonderen Leuten beſorgt werden, und auh ihr Fagdgebrauch ſeßt die Begleitung ſehr geübter Jäger voraus, welche ungefähr die geahtete Stellung unſerer früheren Falkner bekleiden: man kann ſi< alſo denken, daß dieſes Fagdvergnügen eben nicht billig iſt.

Heuglin beſtätigt die Angabe älterer Reiſenden, daß der Gepard in früherer Zeit auch in Abeſſinien zur Jagd abgerichtet wurde, und Hartmann gedenkt einer Abbildung, welche einen Beduinen Algeriens mit ſeinem gezähmten Gepard darſtellt, im Begriffe, lebteren auf ein in der Ferne weidendes Gazellenrudel loszulaſſen. Auch von der Deen verſicherte mix, bei den Arabern der nördlichen Sahara gezähmte und eingeſchulte Fagdleoparden geſehen zu haben. Fn Nordoſtafrika wird das Tier nah meinen und anderer Reiſenden Erfahrungen gegenwärtig niht mehr zur Erbeutung von Wild benußt.

Jn Judien wird der Gepard behufs ſolcher Fagd behaubt, mittels einer dünnen Leine gehalten und auf einen leichten, zweiräderigen Karren geſeßzt, wie ſie dem Lande eigentümslih ſind. Man zieht nah den Wildpläßen hinaus und ſucht ſi<h einem Nudel Wild ſoviel als möglih zu nähern. Wie überall, läßt auh das ſcheueſte aſiatiſhe Wild einen Karren weit näher an ſi< herankommen als gehende Leute. Deshalb kann man mit dem Gepard bis auf 200 oder 300 Schritt an das Rudel heranfahren. Sobald die Jäger nahe genug ſind, enthauben ſie den Tſchita und machen ihn dur< ſehr ausdru>svolle Winke und leiſe Aufmunterungen auf ſeine Beute aufmerkſam. Kaum hat das vortreffliche Tier dieſe exſehen, ſo erwacht in ihm das ganze Jagdfeuer, und all ſeine natürliche Liſt und Schlauheit gelangt zur Geltung. Zierlih, ungeſehen und ungehört ſ{hlüpft er von dem Wagen, ſchleicht in der angegebenen Weiſe vorſichtig an das Rudel heran, bis das Wild flüchtig wird, oder er ſeines Fanges ſicher zu ſein glaubt. Glückt ihm der Anlauf, ſo drückt er das Opfer am Halſe nieder. Der Abrichter eilt herbei, durchſchneidet die Kehle, ſammelt das ausfließende Blut in einer hölzernen Schale, gibt es dem Tſchita zu trinken und ſchiebt ihm danach wieder die Haube über. Nach Vignes und Hamiltons Beobachtungen beſ<hleihen übrigens keineswegs alle Tſchitas ihre Beute; ſie gehen auh offen darauf los und richten ihre Bewegungen nah denen des Wildes ein, traben oder galoppieren wie dieſes, bis ſie endlich das entſcheidende Rennen wagen. Über 500 Schritt weit ſcheint auch der beſte Tſchita die Verfolgung niht auszudehnen; die meiſten laufen wohl nur halb ſo weit, halten dann an und gehen, leidenſchaftlih erregt, einige Minuten lang hin und her, worauf der Wärter ſi ihrer bemächtigt. ;

Nicht immer wird das erwählte Wild erbeutet. Als der Prinz von Wales 1875 —76 Indien bereiſte, ſind ihm gewiß die beſten Jagdleoparden vorgeführt worden, und dennoch