Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

Gepard: Fehljagden. Fang. Abrichtung. Zahmheit. 541

zu gewöhnen. Nach etwa 6 Monaten ſind ſie für den Jagdgebrauch tauglich und werden von Liebhabern gut bezahlt. Man hält ſie nie in Käfigen, ſondern angelegt wie Hunde.

Daß die Zähmung niht ſchwierig ſein kann, wird jedem klar, welcher einen Gepard in der Gefangenſchaft geſehen hat. Jh glaube nicht zu viel zu ſagen, wenn ih behaupte, daß es in der ganzen Kaßenfamilie kein ſo gemütliches Geſchöpf gibt wie unſeren Jagdleoparden und bezweifle, daß irgend eine Wildkabe ſo zahm wird wie er. Gemütlichkeit iſt der Grundzug des Weſens unſeres Tieres. Dem angebundenen Gepard fällt es gar nicht ein, den leiten Stri zu zerbeißen, an welchen man ihn gefeſſelt hat. Er denkt nie daran, dem etwas zuleide zu thun, welcher ſih mit ihm beſchäftigt, und man darf ohne Bedenken dreiſt zu ihm hingehen und ihn ſtreicheln und liebkoſen. Scheinbar gleihmütig nimmt er ſolche Liebkoſungen an, und das Höchſte, was man erlangen kann, iſt, daß er etwas beſhleunigter ſpinnt als gewöhnlih. Solange er nämli<h wach iſt, <hnurrt er ununterbrochen nah Kagßenart, nur etwas tiefer und lauter. Oft ſteht er ſtundenlang unbeweglich da, ſieht träumeriſh ſtarr nah einer Richtung und ſpinnt dabei höchſt behaglih. Fn ſolhen Augenbli>en dürfen Hühner, Tauben, Sperlinge, Ziegen und Schafe an ihm vorübergehen: er würdigt ſie kaum eines Bli>kes. Nur andere Raubtiere ſtören ſeine Träumerei und Gemütlihkeit. Ein vorüberſhleihender Hund regt ihn ſichtlich auf: das Spinnen unterbleibt augenbli>lih, ex äugt ſcharf nah dem gewöhnlih etwas verlegenen Hunde, ſpigt die Ohren und verſuht wohl auch, einige kühne Sprünge zu machen, um ihn zu erreichen.

Zh beſaß einen Gepard, welcher ſo zahm war, daß ich ihn am Stri>ke herumführen und es dreiſt wagen durfte, mit ihm in den Straßen zu luſtwandeln. Solange er es bloß mit Menſchen zu thun hatte, ging er immer ruhig mir zur Seite; anders aber wurde es, wenn uns Hunde begegneten. Er zeigte dann jedesmal eine ſo große Unruhe, daß ih auf den Gedanken fam, einmal zu verſuhen, was er denn thun würde, wenn er wenigſtens beſchränkt frei wäre. Jh band ihn alſo an eine Leine von ungefähr 15 oder 20 m Länge, wid>elte mir dieſe leiht um Hand und Ellbogen und führte ihn ſpazieren. Zwei große, faule Köter kreuzten den Weg. Ja>, ſo hieß mein Gepard, äugte verwundert, endigte ſein gemütliches Spinnen und wurde ungeduldig; jebt faßte ih das Ende der Leine und warf die Schlingen zu Boden, ſo daß er Spielraum hatte. Augenbli>lich legte er ſi<h platt auf die Erde und kro< nun in der oben beſchriebenen Weiſe an die Hunde heran, welche ihrerſeits verdußt und verwundert das ſonderbare Weſen betrachteten. Fe näher er den Hunden kam, um ſo aufgeregter, aber zuglei<h au< vorſichtiger wurde er. Wie eine Sglange glitt er auf dem Boden dahin. Endlich glaubte er nahe genug zu ſein, und nun ſtürzte er mit drei, vier gewaltigen Säßen auf einen der Hunde los, erreichte ihn, troßdem daß dieſer die Flucht ergriff, und ſlug ihn mit den Tagen nieder. Dies geſchah in ganz abſonderlicher Weiſe. Ex hieb ſeine Krallen niht ein, ſondern er prügelte bloß mit ſeinen Vorderläufen auf den Hund los, bis dieſer zu Boden fiel. Der arme Köter bekam Totenangſt, als er das Kaßengeſicht über ſich erbli>te, und fing an, jämmerlich zu heulen; ſämtliche Hunde der Straße gerieten in Aufruhr und heulten und bellten aus Mitleiden; ein dichter Volkshaufe ſammelte ſih, und ih mußte wohl oder übel meinen Gepard an mi<h nehmen, ohne eigentli<h zum Ziele gekommen zu ſein, d. h. ohne geſehen zu haben, was ev mit dem Hunde beginnen würde. Dagegen veranſtaltete ih in unſerem Hofe einen großen Tierkampf, welcher überhaupt, zu meiner Schande muß ih es ſagen, das Ergößlichſte iſt, was ih ſehen kann. Jh beſaß zu derſelben Zeit einen faſt erwachſenen Leoparden, ein raſendes, wütendes Tier ohnegleichen, ih möchte faſt ſagen, einen Teufel in Kaßengeſtalt doh ih habe ihn ja ſchon beſchrieben. Die Kette des Leoparden wurde alſo durch einen darangebundenen Stri> verlängert und er aus ſeinem Käfig heraus in den Hof gelaſſen. Der Gepard ſeinerſeits war ungefeſſelt und konnte nah Belieben den Kampf aufnehmen oder