Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

542, Vierte Ordnung: Raubtiere; erſte Familie: Katen.

abbrechen. Er befand ſih gerade in höchſt gemütlicher Stimmung und ſ{hnurrte beſonders ausdrud>svoll, als i< ihn herbeiholte. Kaum aber erſah er ſeinen Herrn Vetter, als nicht nux alle Gemütlichkeit verſ<wand, ſondern auch ſein ganzes Ausſehen ein durhaus anderes wurde. Die Seher traten aus ihren Höhlen heraus, die Mähne ſträubte ſich, er fauchte ſogar, was ich ſonſt niemals vernommen hatte, und ſtürzte ſich mutig auf ſeinen Gegner los. Dieſer hielt ihm ſtand, und ſo begann jetzt ein Kampf und ein Fauchen, daß mix, ih will es gern zugeben, angſt und bange dabei wurde. Der Leopard war bald niedergetrommelt aber gerade jebt wurde er furchtbar. Er lag auf dem Nücken und mißhandelte jenen mit ſeinen vier Taten; Jak aber achtete der Shmerzen niht, ſondern biß mutig auf den heimtü>iſ<hen Vetter los und würde ihn jedenfalls beſiegt haben, wenn ih dem Kampfe nicht ein Ende gemacht hätte. Zwei Eimer voll Waſſer, welche ih über die wütenden Kämpen goß, unterbrachen den Streit augenbli>lih. Beide ſahen ſich höchſt verdußt an, und der Leopard hielt es, der ihm höchſt verhaßten Waſſerbäder plöblich ſich erinnernd, trog aller Wut und alles Fauchens doch für das Beſte, ſo ſchnell als möglich ſeinen Käfig zu ſuchen, welcher dann auch ſofort verſchloſſen wurde. Jak war ſhon wenige Minuten nach dem Ka1npfe wieder ganz der alte: er le>te, reinigte und pußte ſi<h und begann wieder zu ſpinnen, als ob nichts geſchehen wäre.

Wie zahm, gemütlich und liebenswürdig mein Ja war, mag aus folgendem hervorgehen. Einige deutſche Damen, welche ſih gerade in Alexandrien befanden, waren gefommen, um meine Tierfammlung anzuſehen, hatten mich aber nicht zu Hauſe gefunden, und ſo hatte ih ihrem Wunſche niht genügen können. Jh verſprach ihnen, wenigſtens einige von meinen Tieren zu ihnen zu bringen, und führte dieſen Scherz auh wirklich einmal aus, als ih erfahren hatte, daß die Damen juſt zuſammen waren. Jh konnte mic auf Ja vollſtändig verlaſſen und durfte ſchon etwas wagen. Jhn an der Leine hinter mix fortführend, betrat ich alſo das betreffende Haus, beſchwichtigte die entſezten Diener, welche mich mit dem fürchterlichen Raubtiere hatten kommen ſehen und Lärm ſchlagen wollten, und ſtieg nun ruhig nah dem zweiten Stockwerke des Hauſes empor. An dem rechten Zimmer angelangt, öffnete ih die Thüre zur Hälfte und bat um Erlaubnis, eintreten, zugleich aber auch meinen Hund mitbringen zu dürfen. Dies wurde zugeſtanden, und Ja trat gemäch“li ein. Ein lauter Auſſchrei begrüßte den Harmloſen und ſette ihn in höchſte Verwunderung. Die geängſtigten Frauen ſuchten ſih ſo gut wie möglich zu retten und ſprangen in ihrer Verzweiflung auf einen großen, runden Tiſch, welcher mitten im Zimmer ſtand. Dies aber diente bloß dazu, Fa zu dem Gleichen aufzufordern, und ehe ſih die Armen beſannen, ſtand er mitten unter ihnen, ſpann höchſt gemütlich und ſ[hmiegte ſi trauli<h bald an dieſe, bald an jene an. Da war denn freilich die Furcht bald verſhwunden. Die beherzteſte Frau begann den hübſchen Burſchen zu liebkoſen, und bald folgten alle übrigen ihrem Beiſpiele. Jac wurde der erklärte Liebling und ſchien nicht wenig ſtolz zu ſein auf die ihm gewordene Auszeihnung.

Schlegel erzählt von einem Gepard, welcher während des Tages frei umherlaufen durfte und nur des Nachts angebunden wurde. Sein Lieblingsplaß im Zimmer war, ſolange geheizt wurde, die Nähe des Ofens; er verließ dieſen Ort oft halbe Tage lang niht, ſo daß er nötigen Falls weggezogen oder weggetragen werden mußte. Bei kalter oder auh nur fühler Witterung vermied er es ſorgſam, das Zimmer und den wärmenden Ofen zu verlaſſen, oder es geſhah höchſtens auf ſo lange nux, als nötig war, um das Zimmer nicht zu verunreinigen, eine Nücfſicht, welche er ſtets nahm und auch auf die übrigen Näume des Hauſes ausdehnte. Kam der Abend heran, ſo ließ er ſi gutwillig an die Kette legen, ja ſte>te jelbſt den Kopf in das vorgehaltene Halsband. Stets hörte er auf ſeinen Namen „Betty“, ſpäter auch auf einen anderen ihm von den Kindern beigelegten. Kindern war er beſonders