Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

544 Vierte Ordnung: Raubtiere; erſte Familie: Katzen.

fehlt uns genügende Kunde; denn kein Europäer hat ſie bis jet genau beobachtet, und auh Pollen hat hauptſählih Erzählungen der Eingeborenen wiedergegeben. Nach Angabe der Madagaſſen lebt die Foſſa außer der Paarzeit einzeln in den Waldungen, beſucht, um Hühner zu ſtehlen, fleißig die Gehöfte und zeichnet ſih dur ebenſoviel Kraft wie Blutgier aus. Für gewöhnlich auf dem Boden lebend, ſoll ſie doh zuweilen den Halbaffen auf die Bäume nachſteigen und ſie hier eifrig verfolgen, weil ſie das Fleiſch dieſer Tiere beſonders gern frißt. Während der Paarungszeit ſoll man 4—8 Frettkaßen zuſammen antreffen, welhe dann, nah der zu den entſchiedenſten Zweifeln herausfordernden Behauptung der Eingeborenen, ohne weiteres Menſchen angreifen. Das ſih zuſammengefundene Paar begattet ſich nah Art der Hunde und bleibt geraume Zeit auf das innigſte vereinigt. Außerdem ſagt man, daß die Foſſa dur Kratzen mit den Füßen die Feuer verlöſche, daß ſie, um Hühner

GV E

C. WENDT SE

Foſſa (Cryptoprocta ferox). / natürl. Größe.

zu rauben, rings um die Hühnerſtälle einen hölliſchen Geſtank verbreite, welcher die Hühner umbringe, und dergleichen mehr. Ein gefährlicher Hühnerräuber iſt ſie jedenfalls; denn das von Pollen getötete Männchen, „ein Mörder erſten Ranges“, hatte in kurzer Friſt 1 Truthahn, 3 Gänſe und etwa 20 Hühner weggeſchleppt. Nach Verſicherung des betrübten Eigentümers von beſagtem Federvieh ſoll die Foſſa nicht einmal mit derartiger Beute ſi begnügen, ſondern unter Umſtänden auch junge Schweine und andere Haustiere überfallen und morden. Kein Wunder daher, daß ſie von den Madagaſſen ingrimmig gehaßt und möglichſt ausgerottet, ja ſelbſt vor dem Tode gequält wird.

Die Jagd iſt nicht beſonders ſhwierig. Pollen wurde, als ex einigen madagaſſiſchen Jägern ſeine Abſicht, eine Foſſa zu erlegen, kundgegeben hatte, von dieſen vor Aufgang des Mondes nach einem Di>kichte in der Nähe des kurz vorher beraubten Dorfes geführt und die Foſſa mit Hilfe eines Hahnes, welhen man dur< Anziehen einer ihm an das Bein gebundenen Schnur zum Krähen oder zum Ga>ern zu bewegen wußte, aus ſeinem Verſte>e herbeigelodt. Nach Verlauf einer halben Stunde, welche der Hahn durch ſein Geſchrei ausfüllte, vernahm man von fern ein Knurren nah Art des Hundes und ſah bald darauf zwei Sqattengeſtalten dur das Gras huſchen oder gleiten. Etwas näher gekommen, blieben die