Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

570 Vierte Drdnung: Naubtiere; zweite Familie: Shleichkagzen.

er ſih gezwungen, in einem anderen Rohrbeſtande Zuflucht zu ſu<hen. Mit äußerſter Vorſicht ſ<hleiht er zwiſchen den Stengeln dahin, lauſcht und wittert von Zeit zu Zeit, hört aber die Verfolger immer näher und näher kommen und muß ſih endlih doh entſchließen, über eine Stelle hinwegzulaufen, welche ihn niht vollſtändig de>en kann. Dann pflegt er gedu>t und leiſe hinüberzugleiten, um ſih niht dur< ſ{<hnelle Bewegung zu verraten. Man muß mit ſehr ſtarkem Blei und aus geringer Entfernung ſchießen, wenn man ihn töten will; denn er verträgt bei ſeiner unglaublichen Lebenszähigkeit einen tüchtigen Shuß und entfommt, wenn ex bloß verwundet wird, ſicher noh.

Das Gefangenleben des Jhneumons iſt ſhon von Alpinus geſchildert worden. Dieſer Forſcher beſaß einen männlichen Nims mehrere Monate lang und hielt ihn in ſeinem Zimmer. Er ſ<hlief mit ihm wie ein Hund und ſpielte mit ihm wie eine Kaße. Seine Nahrung ſuchte er ſi< ſelbſt. Wenn er hungrig war, verließ er das Haus, und nah Verlauf einiger Stunden kehrte er geſättigt zurü>. Er war ſehr reinli<h, {lau und mutig, griff ohne Beſinnen große Hunde an, tötete Kaßen, Wieſel und Mäuſe und richtete unter den Hühnern und anderen Vögeln mehrmals arge Verwüſtungen an. Durch Benagen aller Dinge, namentli<h aber der Bücher, wurde er höchſt unangenehm. Von anderen Gefangenen erzählen franzöſiſche Naturforſcher, daß ſie ſih leiht zähmen laſſen, ſanft werden, die Stimme ihres Herrn unterſcheiden und dieſem wie ein Hund folgen. Sie ſind aber niemals in Ruhe, \{<leppen alles im Hauſe umher und werden dur<h Umwerfen der Gegenſtände läſtig. Dafür machen ſie ſi< in anderer Hinſicht nüßli<h. Ein Haus, in welchem man einen Jhneumon hält, iſt in der kürzeſten Zeit von Ratten und Mäuſen vollſtändig geſäubert; denn das Raubtier liegt ohne Unterlaß der Jagd dieſer Nager ob. Mit der gefangenen Beute läuft es in einen dunkeln Winkel und beweiſt dur<h ſein Grunzen und Knurren, daß es dieſelbe wohl zu verteidigen wiſſe.

Auch ih habe gefangene Jhneumons längere Zeit beobachten können. Ein ſ{<önes, ausgewachſenes Männchen, welches ih pflegte, ſchien ſi<h im Käfig ſehr wohl zu befinden. Das Tier ſah höchſt gutmütig aus, obſchon es die entgegengeſeßgten Eigenſchaften mehrmals bethätigte. Andere Manguſten pflegen ſi<h mit ihresgleichen und ähnlichen Arten ausgezeichnet zu vertragen, ſo daß man ohne Furcht zahlreiche Geſellſchaften in einen Raum zuſammenſperren kann; der Jchneumon aber ſcheint nur in gewiſſem Sinne geſellig zu ſein. Als ich eines Tages einen Mungo zu ihm ſeßbte, ſträubte er augenbli>li< ſein Fell, ſo daß er förmlih borſtig erſchien, und fuhr mit einer beiſpielloſen Wut auf den Ankömmling los. Im Käfig begann eine tolle Fagd. Der Mungo ſuchte ſeinem ſtärkeren Verwandten zu entgehen, und dieſer ſtrebte, ihn ſo ſchnell wie möglih abzuwürgen. Beide Tiere jagten wie raſend im Raume umher und entfalteten dabei Künſte der Bewegung, welche man gar nicht vermutet hätte. Sie kletterten wie Katen oder Eichhörnchen auf Baumſtämme oder an den Gitter hinauf und machten Säße von auffallender Höhe, dur<ſ<hlüpften Engen mit Wieſelgewandtheit, kurz, bewieſen eine wirkli<h wunderbare Beweglichkeit. Wir mußten den Mungo ſo ſhnell wie möglih wieder einfangen, weil ihn der erregte Jchneumon ſicher getötet haben würde. Dieſer war auh, nachdem wir ſeinen Gaſt entfernt hatten, no< den ganzen Tag in der größten Unruhe. Nicht freundlicher zeigte ſich derſelbe Gefangene gegen einen ſeiner Nachbarn, mit welchem ex, wegen der mangelhaften Bauart der Käfige, dur das Gitter hindur< verkehren tonnte, mit einer jungen Wildkaße nämlih. Dieſes kleine Tier war ſhon ſehr hübſ<h eingewohnt und begann, ſih durch allerlei Spiele zu ergößen. Da fiel es ihr unglü>licherweiſe ein, au< mit ihrem Nebengefangenen ſpielen zu wollen. Der Jchneumon aber pate das arme Geſchöpf, welches unvorſihtig mit der Pranke dur< das Gitter gelangt hatte, ſofort am Fuße, zog es dicht an das Gitter heran, erwürgte es und fraß ihm beide Vorderläufe ab.