Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

578 Vierte Ordnung: Raubtiere; zweite Familie: Shleichkaßen.

wurden nicht verſ<hmäht, und zumal die Knochen trugen ſie ſih aus allen Winkeln und Een zuſammen. Knochenmark gehörte zu ihren beſonderen Leckerbiſſen, und ſie gaben ſich deshalb viel Mühe, desſelben ſih zu bemächtigen. Zuerſt förderten ſie dur< Kraßen und Scharren mit den Nägeln ihrer Vorderpfoten ſo viel Mark zu Tage, wie möglich; dann faßten ſie den Knochen mit beiden Pfoten, erhoben ſi auf die Hinterbeine und ſhleuderten ihn rü>wärts, gewöhnlich zwiſchen den hinteren Beinen durch, auf das Pflaſter oder gegen die Wand ihres Zwingers mit ſolcher Heſtigkeit und ſo großem Geſchicke, daß ſie ihren Zwe>, durch die Erſhütterung das die Knochenröhre erfüllende Mark herauszubekommen , vollſtändig erreichten. Bei ihren Wanderungen quiekten und murrten ſie fortwährend.

Gegen mich waren die gefangenen gewöhnlich ſehr liebenswürdig. Sie ließen ſich berühren und ſtreicheln, kamen auf den Ruf herbei und zeigten ſih meiſt ſehr folgſam. Demungeachtet wollten ſie ſi< ungern bevormunden laſſen, und namentlih wenn man ſie beim Freſſen ſtörte, wieſen ſie ſelbſt ihren Freunden die Zähne und fuhren mit ſchnellem Biſſe auf dieſelben los. Sie thaten dies aber mit vollem Bewußtſein, ſi<h einer Strafe auszuſeben; denn ſofort na<h dem Beißen nahmen ſie die demütige und verlegene Stellung eines Hundes an, welcher von ſeinem Herrn Prügel erwartet. Daß ſie ſehr klug waren und ſi< mit vielem Geſchi>ke in veränderte Umſtände zu finden wußten, bekundeten ſie tagtäglich, bewieſen es namentli<h, als ſie mit fünf Naſenbären zuſammenleben mußten. Fm Anfange war ihnen die Geſellſchaft der langnaſigen Burſchen höchſt unangenehm, zumal wenn dieſe ſie einer gewiſſenhaften Beſchnüffelung zu unterziehen beliebten. Die Umſtände änderten ſich, ſobald die Manguſten erkannten, daß fie es mit geiſtesärmeren Geſchöpfen, als ſie ſind, zu thun hatten. Sie lernten bald die Naſenbären beurteilen und gebärdeten ſi< zuleßt unbeſlritten als die Gebieter im Käfig.

Schließlich will ih no eine Art unſerer Gattung, die Krabbenmanguſte oder Urva, wie ſie in Nepal genannt wird (Herpestes urya, H. cancrivorus, Urya cancriyora. Gulo urya), anführen, weil fie als eigentümliches Mittelglied zwiſchen den wahren Manguſten und den Vielfraßen erſcheint. Geſtalt und Gebiß der Urva unterſcheiden ſi<h von den der übrigen Manguſten nicht weſentlich, erſtere erinnert aber mehrfach an den Vielfraß. Die Schnauze iſt geſtre>t und zugeſpißt, der Leib gedrungen und kräftig. Die Zehen, welche ſi dadurh auszeihnen, daß die Fnnenzehen vorn und hinten hochgeſtellt ſind, haben große Spannhäute, und die Afterdrüſen ſind auffallend entwidelt. Fn der Geſamtfärbung des Pelzes ähnelt die Urva den übrigen Manguſten. Sie iſt oben {mutig eiſengrau und graubraun gemiſcht, die Unterſeite und Beine ſind gleihmäßig dunkelbraun, lettere nah unten oft ſchwarz. Über den Oberkörper verlaufen man<hmal dunklere Streifen; von dem Auge zur Schulter herab zieht ſi eine weiße, ſcharf abſtehende Binde; auh der Shwanz, welcher an der Wurzel ſehr ſtark behaart iſt, zeigt einige Querbänder. Fn der Größe wird die Urva kaum von einer anderen Art ihres Geſchlechtes übertroffen; erwa<hſene Männchen werden 80—90 ecm lang, wovon ungefähr 30 ecm auf den Shwanz kommen.

Hodgſon entde>te die Urva in den ſumpfigen Thälern Nepals. Fhre Verbreitung erſtre>t ſi<h auf niht bedeutende Höhen des ſüdöſtlichen Himalajas, auf Aſſam, Arakan, Tenaſſerim, Barma und Südchina. Laut ihrem Entde>er iſt ſie teilweiſe als ein Waſſertier zu betrachten, das ſi< vornehmli<h von Fröſchen und Krabben ernährt. Aus zwei etwa firſhengroßen Afterdrüſen vermag die Urva eine ſtinkende Flüſſigkeit ziemlih kräftig rüdwärts zu ſprizen. Sie hauſt wie ihre Verwandten in Erdlöchern.

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