Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

Edelmarder: Vorkommen. Nahrung. Fortpflanzung. 589 oder gelbbraun, die der Pyrenäen groß und ſtark, aber ebenfalls hell, die aus Makedonien und Theſſalien mittelgroß, aber dunkel.

Der Edelmarder bewohnt die Laub- und Nadelwälder und findet ſih um ſo häufiger, je einſamer, dihter und finſterer dieſelben ſind. Er iſt ein e<tes Baumtier und klettert ſo meiſterhaft daß ihn kein anderes Raubſäugetier hierin übertrifft. Hohle Bäume, verlaſſene Neſter von wilden Tauben, Raubvögeln und Eichhörnchen wählt er am liebſten zu ſeinem Lager; ſelten ſucht er auh in Felſenrißen eine Zufluchtsſtelle. Auf ſeinem Lager ruht er gewöhnlih während des ganzen Tages; mit Beginn der Nacht aber, meiſt {hon vor Sonnenuntergang, geht er auf Raub aus und ſtellt nun allen Geſchöpfen nah, von denen er glaubt, daß er ſie bezwingen könne. Vom Rehkälbchen und Haſen herab bis zur Maus iſt kein Säugetier vor ihm ſicher. Er beſchleicht und überfällt ſie plößlih und würgt ſie ab. Daß ex ſih zuweilen auh an junge oder ſ<hwache Rehe wagt, iſt von mehreren Forſtleuten beobachtet worden. Der Förſter Schaal ſah gelegentlih eines Birſchganges den Edelmarder auf einem Rehkalbe, deſſen Klagen ihn herbeigelo>t hatten, ſißen; Oberförſter Kogho berichtet von mehreren ähnlichen Fällen. Gleichwohl gehört es zu den ſeltenen Vorkommniſſen, daß er ſi<h an ſo große Säugetiere wagt; das beliebteſte Haarwild, welches er jagt, ſind und bleiben die baumbewohnenden Nager, insbeſondere Eichhörnchen und Bilche. Unter dieſen ebenſo niedlichen als nihtsnubigen, beziehentlih ſhädlichen Tieren richtet er arge Verheerungen an. Daß ex ein ſonſtwie ihm ſih bietendes Säugetier, welches er bewältigen zu können glaubt, niht verſhmäht, iſt ſelbſtverſtändlich, weil Marderart. Einen Haſen überfällt er im Lager oder während jener ſich äſet; die Waſſerratte ſoll er ſogar in ihrem Elemente verfolgen. Ebenſo verderblih wie unter den Säugetieren hauſt der Edelmarder übrigens auh unter den Vögeln. Alle Hühnerarten, welche bei uns leben, haben in ihm einen fur<tbaren Feind. Leiſe und geräuſchlos {leiht er zu ihren Schlafpläßen hin, mögen dieſe nun Bäume oder der flache Boden ſein; ehe noh die ſonſt ſo wahſame Henne eine Ahnung von dem blutgierigen Feinde bekommt, ſißt dieſer ihr auf dem Nacken und zermalmt ihr mit wenigen Biſſen den Hals oder reißt ihr die Schlagadern auf, an dem herausfließenden Blute gierig ſ< labend. Außerdem plündert er alle Neſter der Vögel aus, ſucht die Bienenſtö>e heim und raubt dort den Honig oder geht den Früchten na<h und labt ſi< an allen Beeren, welche auf dem Boden wachſen, frißt au< Birnen, Kirſchen und Pflaumen. Wenn ihm Nahrung im Walde zu mangeln beginnt, wird er dreiſter; in der höchſten Not kommt er zu den menſhlihen Wohnungen. Hier beſucht er Hühnerſtälle und Taubenhäuſer und rihtet Verwüſtungen an wie kein anderes Tier, mit Ausnahme der Arten ſeiner eigenen Gattung.

Ende Fanuar oder Anfang Februar beginnt die Rollzeit. Der Beobachter, welcher bei Mondſchein in einem großen Walde unſeren Strauchdieb zufällig entde>t, ſieht jeßt mehrere Marder ſi<h im tollſten Treiben auf den Bäumen bewegen. Fauchend und knurrend jagen ſich die verliebten Männchen, und wenn beide gleich ſtark ſind, gibt es im Gezweige einen tüchtigen Kampf zur Ehre des Weibchens, welhes na< Art ihres Geſchlechtes an dieſem eiferſüchtigen Treiben Gefallen zu finden ſcheint und die verliebten Bewerber längere Zeit hinhält, bis es endlich dem ſtärkſten ſih ergibt. Nach neunwöchiger Tragzeit, alſo zu Ende des März oder im Anfange des April, wirft das Weibchen 3—4 Junge in ein mit Moos ausgefüttertes Lager in hohle Bäume, ſelten in Eichhorn- oder Elſterneſter oder in eine Felſenrize. Die Mutter ſorgt mit aufopfernder Liebe für die Familie und geht, voll Beſorgnis, ſie zu verlieren, niemals aus der Nähe des Lagers. Schon nah wenigen Wochen folgen die Fungen der Alten bei ihren Luſtwandelungen auf die Bäume nach und ſpringen auf den Äſten munter und hurtig umher, werden von der vorſichtigen Alten auch in allen Leibesübungen tüchtig eingeſhult und bei der geringſten Gefahr gewarnt und zu eiliger