Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

Edelmarder: Gebaren eines Gefangenen. ' 591

Pfoten zu berühren, alles aber immer noh mit der größten Ängſtlichkeit. Es war, als hätte er wohl Luſt zu freſſen, aber niht den Mut, ſie zu töten. Daher trieb er ſein Weſen, indem er ſi ihr bald näherte, bald zurü>ſprang, über einen Tag lang, und nun erſt wurde er ſo dreiſt, ſie, am Rücken gepa>t, umherzutragen und am dritten Tage endlich zu töten, jedoch fraß er ſie niht. Während er noh mit dem Ringelnatterſpiel beſchäftigt war, brachte ih ihm eine friſh getötete, große Kreuzotter. Vorſichtig kam er ſogleich heran, überzeugte ſih, daß ſie tot ſei, nahm ſie auf, trug ſie bald hier-, bald dorthin und verſhmauſte ſie nach einer Stunde ſamt Kopf und Giftzähnen. Jh gab ihm dann eine Eidechſe, welche er ebenfalls ſ{<nuppernd begrüßte; das Tierchen ziſchte heiſer, faſt wie eine Schlange, ſperrte den Rachen auf und ſprang wohl zehnmal auf ihn zu. Er traute niht und wich ihren Biſſen aus, wurde jedo< immer dreiſter und machte ſich, da ihm die Eidechſe nichts zuleide that, nah Verlauf einer Stunde daran, biß ſie tot und fraß ſie auf.

„Hieraus geht hervor, daß er von Natur wenig Trieb hat, Schlangen und andere Kriehtiere zu töten; es iſt aber nah den genannten Erfahrungen keineswegs unwahrſcheinli, daß er ſie im Winter, wenn er ſie zufällig in ihrem wehrloſen Zuſtande trifft, um: bringt und frißt; denn zu dieſer Zeit mag er oft bitteren Hunger leiden, da er ungeheuer gefräßig iſt.

„Wir haben geſehen, daß er ſi ſelbſt vor der Eidechſe, welche doh ein wahrer Zwerg gegen ihn iſt, furhtſam zeigt; dagegen iſt aber ſein Mut gegen andere Tiere, nah deren Fleiſh er le>ert, ſehr groß. Wenn er einen ſtarken Hamſter oder eine große Natte bekommt, ſeßt es einen fürchterlihen Kampf. Kleinen Nagern derſelben Art beißt er ſogleich den Hals und Kopf entzwei, auf größere aber ſtürzt er ſi<h mit Ungeſtüm, pat ſie mit allen vier Pfoten, wirft ſie zu Boden und dreht und wendet die Tiere mit ſo einer ungeheueren Sthnelligkeit zwiſchen den Pfoten, daß das Auge den Bewegungen gar nicht folgen kann. Man weiß nicht re<ht, was man ſieht, wer ſiegt oder unterliegt: den Hamſter hört man unaufhörlih fauchen; aber plöglih ſpringt der Marder empor, hält den Hamſter im Geni>e und zermalmt ihm die Knochen. Größeren Kaninchen fällt er ſogleih ins Geni und läßt nicht eher los, bis ſie erwürgt ſind. Einen gewaltigen Lärm gibt es, wenn man ihm einen re<t großen, ſtarken Hahn reiht. Wütend ſpringt er dieſem an den Hals und wälzt ſih mit ihm herum, während der Hahn aus allen Kräften mit den Flügeln ſchlägt und den Füßen tritt. Nach einigen Minuten hat das Gepolter ein Ende, und dem Hahn iſt der Hals zerbiſſen. Jh habe ihn abſichtlih keinem gefährlichen Kampfe preisgegeben und daher nie eine lebende Otter zu ihm gebracht, weil ex mir ſehr teuer war. Einſtmals aber gab i< ihm eine ganz friſh erlegte, noh warme, ſehr große Kaße. Fh warf ſie ihm plößlih in ſeine Kiſte: aber in demſelben Augenbli>e hatte er ſie ſhon wütend am Halſe gepadt, daß ih wohl ſah, er würde den Kampf gegen das lebende Tier nicht geſcheut haben. Er ließ auh niht eher los, als bis er ſi< vollkommen von ihrem Tode überzeugt hatte.

„Fh will hier no< auf einen Jrrtum aufmerkſam machen, welcher ziemlich allgemein iſt. Man glaubt nämlich, daß die Wieſelaxten, wenn ſie ein Tier töten, allemal die ſtarken Pulsadern des Halſes mit den E>zähnen treffen und dur<ſ<hneiden. Das iſt nicht richtig. Sie paten allerdings größere Tiere beim Halſe und erwürgen ſie ſo, jedo<h ohne gerade die Adern zu treffen, daher vermögen ſie auh niht, ihnen das Blut auszuſaugen, ſondern begnügen ſi< damit, das zufällig hervorfließende abzule>en. Dann freſſen ſie das Tier an und beginnen gewöhnli<h mit dem Halſe; bei etwas größeren Tieren, wie bei großen Natten, Hühnern 2c., wird beim Töten nicht einmal die Halshaut, welche zähe iſt und nachgibt, dur<ſhnitten ſondern erſt ſpäter.

„Solange er no< jung wax, ſpielte er gern mit Menſchen, wenn man das Spiel ſelbſt begann; ſpäter iſt zu ſolchen Spielen nicht zu raten, denn er gewöhnt ſih, wenn er groß