Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

Edelmarder: Zähmbarkeit. Spielluſt. Pelzwerk. Steinmarder. 593

Hinterteile des Jltis einzubeißen. FJebt ſchien deſſen Dod gewiß zu ſein: da mit einem Male ließen beide Edelmarder gleichzeitig los, ſhnüffelten in der Luft und taumelten dann wie betrunken hinter dem ein Verſte> ſuchenden Fltis einher. Ein durchdringender Geſtank, welcher ſi verbreitete, belehrte uns, daß der Raß ſeine leßte Waffe gebraucht hatte. Fn welcher Weiſe der Geſtank gewirkt hatte, ob beſänftigend oder abſchre>end, blieb unentſchieden: die Edelmarder folgten wohl, eifrig ſhnüffelnd, den Spuren des Stänkers, griffen ihn aber niht wieder an.

Die gefangenen Edelmarder unſerer Tiergärten pflanzen ſich nicht ſelten fort, freſſen aber ihre Jungen nach deren Geburt gewöhnlih auf, ſelbſt wenn man ihnen überreichliche Nahrung vorwirft. Doch hat man auch, beiſpielweiſe in Dresden, das Gegenteil beobachtet und die im Käfig geborenen Edelmarder unter treuer Pflege ihrer Mutter glücklich großwachſen ſehen.

Man verfolgt den Edelmarder überall auf das nahdrücklihſte, weniger um ſeinem Würgen zu ſteuern, als vielmehr, um ſi ſeines wertvollen Felles zu bemächtigen. Am leich: teſten erlegt man ihn bei friſhem Schnee, weil dann niht bloß ſeine Fährte auf dem Boden, ſondern auh die Spur auf den beſchneiten Äſten verfolgt werden kann. Zufällig bemerkt man ihn wohl au< ab und zu einmal im Walde liegen, gewöhnlich der Länge nach ausgeſtre> auf einem Baumaſte. Von dort aus kann man ihn leicht herabſchießen und, wenn man gefehlt hat, oft no< einmal laden, weil er ſi< man<hmal niht von der Stelle rührt und den Jäger unverwandt im Auge behält. Die vor ihm aufgeſtellten Gegenſtände beſchäftigen ihn derart, daß er gar nicht daran denkt, zu entrinnen. Ein glaubwürdiger Mann erzählt mix, daß er vor Jahren mit mehreren anderen jungen Leuten einen Edelmarder mit Steinen vom Baume herabgeworfen habe. Das Tier ſchien zwar die an ihm vorüberſauſenden Steine mit großer Teilnahme zu betrachten, rührte ſih aber niht von der Stelle, bis endlih ein größerer Stein es an den Kopf traf und betäubte.

Bei der Jagd des Edelmarders muß man einen re<t ſcharfen Hund haben, welcher herzhaft zubeißt und den Marder faßt, weil dieſer wütend gegen ſeine Verfolger zu ſpringen und einen minder guten Hund abzuſchre>en pflegt. Verhältnismäßig leicht fängt er ſih in Eiſen, welche eigens dazu verfertigt worden und ſehr verborgen aufgeſtellt find, ebenſo aber au im ſogenannten Schlagbaume und in dex Kaſtenfalle. Als Anbiß dient gewöhnlich ein Stückchen Brot, welches man nebſt einem Scheibchen Zwiebel in ungeſalzener Butter und Honig gebraten und mit Kampfer beſtreut hat. Andere Witterungen werden aus mancherlei ſtark riehenden Stoffen kunſtgereht gemiſcht.

Das Pelzwerk des Edelmarders iſt das koſtbarſte aller unſerer einheimiſchen Säugetiere und ähnelt in ſeiner Güte am meiſten dem des Zobels. Die Anzahl der jährlih auf den Markt kommenden Edelmarderfelle hägt Lomer auf 180,000; in Deutſchland, beziehentli< Mitteleuropa allein ſollen jährlich drei Vierteile davon erbeutet werden. Die ſchönſten Felle liefert Norwegen, die nächſtbeſten Schottland; die übrigen, in der hier eingehaltenen Reihe an Güte abnehmend, kommen aus Ftalien, Schweden, Norddeutſchland, der Schweiz, Oberbayern, der Tatarei, Rußland, der Türkei und Ungarn. Man ſ{<äßt dieſen Pelz ebenſo ſeiner Schönheit wie ſeiner Leichtigkeit halber und bezahlte das Fell vor zwei Jahrzehnten, je nah ſeiner Güte, mit 15—80 Mark, jegt gilt es 8—12 Mark.

Der Stein- oder Hausmarder (Mustela foina, Martes foina, fagorum und domestica) unterſcheidet ſi<h vom Edelmarder durch ſeine etwas geringere Größe, die verhältnismäßig kürzeren oder niedrigeren Beine, den troy des kürzeren Geſichtes längeren Kopf, die kleineren Ohren, den kürzeren Pelz, die lihtere Haarfärbung und die weiße Kehle; außerdem weichen der dritte obere Lückzahn, der obere Reiß- und Höcerzahn in ihrer Geſtalt

Brehm, Tierleben. 3. Auflage. I. Y 38