Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

18 Ein Blick auf das Leben der Geſamtheit.

wenn die Zuggloce läutet; der Bär erhebt ſi< beim Tone der Flöte; der Elefant, welcher wohl einen großen Dhrlappen, aber keine große Dhrmuſchel beſißt, bewegt ſeine Beine tanzartig bei der Muſik, unterſcheidet ſogar {hmelzende Arien von kräftigen Märſchen oder Kriegsgeſängen. Aber keines dieſer Tiere gibt einen für uns angenehmen, wohltönenden Laut von ſih wie die tonbegabten Vögel, welche die Muſik lieben und durch ſie zum Singen und Jubeln aufgemuntert werden; ſie ähneln vielmehr noh den Kriechtieren, der Schlange z. B., welche von der Pfeife ihres Beſhwörers herbeigelo>t wird, ihr gehorcht. Anders benehmen ſich die feinhörigen Säuger beim Empfinden der Töne und Klänge, welche ihren Dhren zu ſtark ſind. Der Hund erträgt den Baß des Mannes, niht aber den Sopran der Frau; er heult beim Geſange des Weibes wie bei Tönen aus Blaswerkzeugen, während er die milderen Saitentöne ſchon viel beſſer leiden mag. Noch auffallender gebärdet ſih eine großohrige Fledermaus, wenn ſie Muſik hört: ſie gerät in peinliche Unruhe, zu>t mit den Vordergliedern und begleitet die äußeren Bewegungen mit zitternden Lauten ihrer Stimme; ihr ſind die ſtarken Töne geradezu entſeßli<h. Wie ſi<h das Wild beim Hören geller Töne benimmt, weiß ih niht: ih glaube aber, daß es ebenſo empfindli< gegen ſie iſt wie die anderen großohrigen Tiere.

Nah Pechuel-Loeſhes Beobachtungen werden Flußpferde dur< lauten eintönigen Lärm, beſonders dur<h das Sthlagen metallener Gegenſtände, nicht bloß neugierig gemacht, ſondern manhmal auh herangelo>t. Jhre Neigung, die beſonders bei alten einſamen Bullen zu bemerken iſt, in der Dunkelheit und, wo ſie no< niht beſchoſſen worden ſind, auh am Tage Kähne auf ziemlih weite Stre>en zu begleiten, glaubt er wenigſtens teil: weiſe dur< ihr Gefallen am Lärme, am laut ſchallenden Geſange der Nuderer erklären zu dürfen, obſchon er als den hauptſächlichen Beweggrund ihre Luſt am Wettſhwimmen, die bei den Walen no< entſchiedener vorhanden iſt, betrachtet. Sein zahmer Streifenwolf wurde dur eine wohllautende Stimme, wenn man ruhig und ſingend betont zu ihm ſprach, förmlich bezaubert; Geſang oder lärmende Muſik der Eingeborenen waren ihm gleihgültig, Trompetentöne jagten ihn in die Flucht. Ein ſehr ſtattlicher afrikaniſcher Widder von der glatthaarigen Raſſe der Eingeborenen und ebenſo ein alter Mandrill wurden dur< Geigenſpiel außerordentlich erfreut. Seine Meerkage, die jahrelang in völliger Freiheit in Europa lebte, verſuchte regelmäßig, wenn jemand laut oder leiſe pfiff, in drolligſter Weiſe die Töne vom Munde wegzuhaſchen, öffnete wohl auh die Lippen des Pſeifenden mit den Fingern, um in der Mundhöhlung nachzuſehen. Klavierſpiel, wenn friſche Weiſen kräftig vorgetragen wurden, regte ſie eine kurze Zeit zu übermütiger Luſtigkeit an, aber niht lange; denn ſie kam bald heran und verlangte mit Gebärden und leiſen Klagelauten, daß aufgehört werde. Trotzdem liebte ſie es ſehr, durch tolles Herumſpringen auf den Taſten ſi ſelbſt Muſik zu machen. Getragene, leiht geſpielte Melodien gefielen ihr fo gut, daß ſie ſi< gewöhnlich auf den Schoß des Spielenden legte und lange Zeit behaglih zuhörte, bis die angeborene Raſtloſigkeit ſie wieder davontrieb. Andere Affen verſchiedener Art, die in afrikaniſchen Faktoreien gehalten wurden, zeigten beim Vernehmen von Tönen abweichendes Verhalten. Lauten Geſang, beſonders von Weibern, begleiteten die einen mit Gelärm, während andere davon bloß aufgeregt wurden oder neugierig zuhörten. Einen Trompetenſtoß beantworteten ſie alle mit Gezeter, die Schimpanſen mit wütendem Geheule, der Gorilla mit Angſtlauten, wobei er ſi zugleich ſo regelmäßig entleerte, daß Trompetenſtöße bei ihm gleich einer ſtets wirkſamen Medizin angewendet wurden. Affffenbanden im Urwalde zetern auf bei einem plöglihen nahen „Fauchzer“, bei einem Schuſſe, der ihnen nicht gilt, auch bei einem ret ſ<hmetternden Donnerſchlage. Der ſtattlihe Hammel Mfuta, der Regent und Friedensſtifter unter den Tieren des Hofes zu Tſchintſchotſcho, konnte lautes Sprechen oder Schreien niht leiden. Wurde ihm irgend jemand im Gehöfte zu laut,