Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

600 Vierte Ordnung: Naubtiere; dritte Familie: Marder,

meiſten Zobel noh in den finſteren Wäldern zwiſchen der Lena und dem öſtlichen Meere, und der Ertrag ihrer Felle bildet jezt noh immer den bedeutendſten Zweig des Einkommens der Eingeborenen und der ruſſiſchen Anſiedler. Vom Oktober an währen die Jagden bis zur

ditte des Novembers oder bis Anfang Dezember. Fn kleine Genoſſenſchaften vereinigen ſich die Jäger auf den Jagdpläßen, wo jede Geſellſchaft ihre eigenen Wohnungen hat; die Hunde müſſen während der Reiſe zugleich die Schlitten ziehen, welche mit Lebensmitteln für mehrere Monate beladen ſind. Nun beginnt die Jagd, weſentlih noh immer in derſelben Weiſe, wie Steller ſie beſchreibt. Man ſtellt Fallen oder Schlingen der allerverſchiedenſten Art, man verfolgt die Spur des Zobels auf Schneeſchuhen, umſtellt ſeinen Schlupfwinkel mit Neten oder erlegt den Flüchtenden mit Pfeilen und mit der Flinte. Am beliebteſten ſind diejenigen Fallen, in denen ſich die Tiere fangen, ohne ihrem Felle irgendwie Schaden zu thun. Der Jäger braucht mehrere Tage mit ſeinen Genoſſen, um alle die Fallen zurechtzumachen, und oft genug findet er dann beim Nachſehen, welches er täglich vornehmen muß, daß ein naſeweiſer Shneefuchs oder ein anderes Naubtier die koſtbare Beute aufgefreſſen hat. Oder der Arme wird von Ungewitter aller Art überraſcht und muß nun eilig darauf bedacht ſein, ſein eigenes Leben zu retten, ohne weiter an die Auslöſung der möglicherweiſe gefangenen Tiere zu denken. So iſt der Zobelfang eigentlih eine ununterbrochene Reihe von Mühſeligkeiten aller Art. Wenn endlih die Geſellſchaften zurückkehren, ſtellt es \ih häufig heraus, daß kaum mehr als die Koſten, niemals aber die Beſhwerden bezahlt ſind.

Jn den Hochgebirgen des ſüdlichen Baikal fängt man, laut Radde, ſhon Ende Seytember an, die Zobeljagd zu betreiben, weil das Tier hier ſeinen Winterpelz früher anlegt als in tieferen Gegenden. Der Zobel geht, zumal zu ſo vorgerücter Fahreszeit, niht gern ins Waſſer, ſondern ſucht ſih zum Übergange von Bächen darüber geſtürzte Bäume auf. Etwa in der Mitte ſolcher ſhmalen Brücken befeſtigen die Jäger Holzbogen und in dieſen Haaxrſchlingen, welche an längeren, mit Steinen beſchwerten Haarſeilen befeſtigt ſind. Der Zobel, welcher ſolche Brücke überſchreitet, gerät tro aller Vorſiht mit dem Halſe in die Schlinge, wird von dem loſe aufliegenden Steine in die Tiefe des Waſſers geriſſen, feſtgehalten und ertränkt. Außerdem bedient man ſi<h der Prügelfalle, legt Stellpfeile und andere Selbſtgeſchoſſe und ſpürt ihn mit Hunden auf.

Über das Gefangenleben des Zobels ſind die Berichte noch ſehr dürftig. Jn Sibirien fängt man das koſtbare Tier erklärlicherweiſe nur auf Beſtellung für den Käfig, und von den wenigen, welche man zähmt, kommt höchſt ausnahmsweiſe einer oder der andere lebend zu uns, wie beiſpiel8weiſe derjenige, welhen Mügel zeihnen konnte. Ein Zobel wurde in dem Palaſte des Erzbiſchofs von Tobolsk gehalten und war ſo vollkommen gezähmt, daß er nah eigenem Ermeſſen in der Stadt luſtwandeln durfte. Er verſchlief wie ſeine Verwandten den größten Teil des Tages, war aber bei Nacht um ſo munterer und lebendiger. Wenn man ihm Futter gereicht hatte, fraß er ſehr gierig, verlangte dann immer Waſſer und fiel nun in einen ſo tiefen Schlaf, daß er während der erſten Stunden desſelben wahrhaſt ohne Gefühl zu ſein ſchien. Man konnte ihn zwi>en und ſtehen, er rührte ſich nicht. Um ſo munterer war er bei Nacht. Er war ein arger Feind von Raubtieren aller Art. Sobald er eine Kate ſah, erhob er ſih wütend auf die Hinterfüße und legte die größte Luſt an den Tag, mit ihr einen Kampf zu beſtehen. Andere gezähmte Zobel ſpielten ſehr luſtig miteinander, ſeßten ſi<h oft aufre<t, um ſo beſſer fe<ten zu können, ſprangen munter im Käfig umhex, wedelten mit dem Schwanze, wenn ſie ſi< behagli< fühlten, und grunzten und knurrten im Zorne wie junge Hunde.

Schon in Sibirien bezahlt man für ein Zobelfell aus erſter Hand, je nach ſeiner Güte, 20—25, aber auch bis zu 200 Rubel Silber; bei uns ſhwankt der Preis desſelben zwiſchen 30 und 500 Mark. Die ſchönſten Felle liefern die öſtlihen Provinzen Sibiriens, Jaktutsk