Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

Iltis: Aufenthalt. Lebensweiſe. Gefräßigkeit. 605

Otter zu ihm; er zeigte vor ihrem Fauchen gar keine Furt, ſondern blieb ruhig liegen (denn der Fltis ruht oder ſchläft den ganzen Tag, woher die Redensart kommt: „Er ſchläft wie ein Rat‘), und als ih am anderen Morgen zuſah, hatte er ſie getötet. Er befand ſi ſo wohl wie gewöhnlich.

„Am anderen Tage legte ich neben den anderen ruhig in ſeiner E>e ſih pflegenden Fltis eine recht biſſige Otter. Er wollte doch ſehen oder vielmehr riehen, was da los wäre; faum aber rührte er ſi, als er zwei Biſſe in die Rippen und einen in die Baen bekam. Er kehrte ſih wenig daran, blieb aber, wohl hauptſählih aus Furcht vor mir, ziemlich ruhig. Jeßt warf ih ein Stü> Mauſefleiſch auf die Otter. Er iſt nah Mauſefleiſch außerordentlich lüſtern und konnte es daher unmöglich liegen ſehen, ohne mit der Schnauze danah zu langen und es wegzukapern, aber wupp! da hatte er wieder einen tüchtigen Biß ins Geſicht. Er fraß ſein Fleiſh, und ih warf nun ein neues Stück auf die Otter; doh wagte er es niht mehr, es wegzunehmen, ſondern ließ ſih dur< das Fauchen und Beißen abſchre>en.

„Während er nun beſchäftigt war, wenigſtens die Fleiſhſtükchen, welche um die Otter herumlagen, zu beobachten, brahte mir zufällig ein Mann einen anderen, halbwüchſigen Fltis, den ih ſogleih kaufte. Er war ſo feſt an allen vier Beinen geknebelt, daß die Bindfaden tiefe Furchen eingeſchnitten hatten, und daß er, ſobald ih ihn ſeiner Feſſeln entledigt und zu dem anderen gethan, hatte, weder ſtehen noch gehen konnte. Er mußte wohl hungrig ſein; denn er ſchob ſich, auf der Seite liegend, mit ſeinen Beinen, welche alle wie zerſchlagen ausſahen, nah der Otter hin und wollte von ihr freſſen; doh wurde ihm dieſes bald durch drei derbe Biſſe vergolten, worauf er es bequemer fand, ein Stü>kchen Mauſefleiſh zu benagen. Es wollte durchaus niht gehen, denn ſeine Kinnladen waren ganz verrenkt, und erſt nach einer halben Stunde konnte er wieder ein wenig kauen. Troßdem nun, daß dieſer Unglückliche in einer eiſernen Falle gefangen worden war, ſeine Beine darin gebrochen, dann, fürchterlih geknebelt, einen ganzen Tag gelegen und endlich die Otterbiſſe geſhmed>t hatte: erholte er ſi< doh nah und nach wieder und ward geſund; die Beine aber blieben lahm. Nachdem ic ihn einige Tage lang durch Fröſhe, Mäuſe, Blindſchleihen und Hamſter erqui>t hatte, legte ih ihm wieder eine tüchtige Otter vor die Füße. Er wollte ſie freſſen, bekam aber gleich einen fur<htbaren Biß in die Baden. Wegen des lahmen Beins war er zu langſam, und da er immer wieder heranrü>te, bekam er na< und nach vier Viſſe. Jet ließ er ab, beſann ſi< jedo< eines beſſeren, kam wieder, trat mit dem gefunden Fuße auf die Schlange, wobei er eine Menge Biſſe erhielt, faßte den Kopf zwiſchen die Zähne, zermalmte ihn und fraß mit Begierde das ganze Tier. Es zeigte ſi< gar kein Merkmal von Krank: heit. Jh tötete ihn nah 27 Stunden und zog ihm das Fell ab, fand aber keine Spur der Biſſe als zwei kleine Fle>en, die wohl au< vom Knebeln herrühren konnten.

„Doch kehren wir im Gedanken zu dem anderen Fltiſſe zurü>. Er blieb in der Nacht mit der wütenden Otter zuſammen, ohne ſie weiter anzutaſten. So oft er ſih rührte, fauchte ſie; als ex aber einmal lange Zeit ruhig lag und ſ{lief, ging ſie hin und wärmte ſih an ihm, froh jedo<h gerade über ihn weg. Es war ſhon eine Stunde lang dunkel, als ih, wenn ih ohne Licht in das Zimmer trat, ſie noh immer fauchen hörte. Endlich, 10 Uhr abends, da ih zu Bette gehen wollte und no<hmals mit dem Lichte na<hſah, war ſie verſtummt und zerriſſen. — Ein vierter Fltis ließ ſi<h au< no<h vier Biſſe von einer Otter verſeßen. Er litt aber ebenſowenig wie die ſhon angeführten.“

Außer den giftigen Schlangen verzehrt der Fltis nah Marderart alles Getier, welches er überwältigen kann, Er iſt ein furhtbarer Feind aller Maulwürfe, Feld- und Hausmäuſe, Ratten und Hamſter, ſelbſt der Jgel ſowie ſämtlicher Hühner und Enten. Die Fröſche ſcheinen eine Lieblingsſpeiſe für ihn zu ſein; denn er fängt ſie oft maſſenweiſe und ſammelt