Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

Frettchen: Stimme. Fortpflanzung. Pflege. Verwendung. 611

bis zum Februar, betreiben und muß das ganze übrige Fahr hindurch das Tierchen ernähren, ohne den geringſten Nußen von ihm zu erzielen; zudem iſt es bloß gegen halb oder ganz erwachſene Kaninchen zu gebrauchen, weil es Junge, welche es im Baue findet, augen- Í bli>lih tötet und auffrißt, worauf es ſi< gewöhnlich in das weiche, warme Neſt legt und nun den Herrn Gebieter draußen warten läßt, ſolange es ihm behagt.

Zur Jagd zieht man am Morgen aus. Die Frettchen werden in einem weich ausgelegten Korbe oder Käſtchen, unter Umſtänden auch in der Fagdtaſche getragen. Am Baue ſucht man alle befahrenen Röhren auf, legt vor jede ein ſa>artiges, etwa 1 m langes Neb, welches um einen großen Ring geflochten und an ihm befeſtigt iſt, und läßt nun eins der Frettchen in die Hauptröhre, welche hierauf ebenfalls verſchloſſen wird. Sobald die Kaninchen den eingedrungenen Feind merken, fahren ſie erſchre>t heraus, geraten in das Neb und werden in ihm erſhlagen. Das Frettchen ſelbſt wird durch einen kleinen Beißkorb oder durch Abfeilen der Zähne gehindert, ein Kaninchen im Baue abzuſchlahten, und bekommt, um von ſeinem Treiben beſtändig Kunde zu geben, ein helltönendes Glö>chen um den Hals gehängt. Jn früheren Zeiten war man, namentlich in England, ſo grauſam, zu gleichem Behufe die Lippen des armen Fagdgehilfen zuſammenzunähen , ehe man ihn in den Bau friechen ließ; glü>licherweiſe hat man ſih überzeugt, daß ein Beißkorb dieſelben Dienſte leiſtet. Sobald das Frettchen wieder an der Mündung der Röhre erſcheint, wird es ſofort aufgenommen; denn wenn es zum zweiten Male in den Bau geht, legt es ſih in das Neſt zur Ruhe und läßt dann oft ſtundenlang auf ſih warten. Sehr wichtig iſt es, wenn man es an einen Pfiff und Ruf gewöhnt. Kommt es dann nicht heraus, ſo ſucht man es durch allerhand Lo>kungen wieder in ſeine Gewalt zu bringen. So bindet man an eine ſ{hwanfende Stange ein Kaninchen und ſchiebt dieſes in die Röhre. Einer ſolhen Aufforderung, der unſer Tier beherrſchenden Blutgier Folge zu leiſten, kann kein Frett widerſtehen; es beißt ſih feſt und wird ſamt dem Kaninchen herausgezogen.

In England benuzt man das Frett häufiger noh als zur Jagd der Kaninchen zum Vertreiben der Ratten und noch lieber zu Kämpfen mit dieſen biſſigen Nagern. Mein engliſher Gewährsmann verſichert, daß verhältnismäßig wenige Frette zur Nattenjagd zu gebrauchen ſeien, na<hdem ſie einige Male von den Zähnen der gefräßigen Langſchwänze zu leiden gehabt hätten. Ein Frett, welches bloß an Kaninchenjagd gewöhnt iſt, ſoll für die Rattenjagd gänzlih unbrauchbar ſein, weil es ſih vor jeder großen Natte fürchtet. Der Rattenjäger muß alſo beſonders erzogen werden. Man läßt ihn anfangs nur mit jungen und ſhwachen Ratten kämpfen und gewöhnt ihn nah und nah an Kampf und Sieg. Dann regt ſih der angeborene Blutdurſt; der Mut des kleinen Näubers wächſt, und zuletzt erlangt er eine ſolche Fertigkeit in dem Kampfe mit dem {warzen Wilde, daß er wahre Wunder verrichtet. Gewöhnlich ziehen ſih alte, erfahrene Natten, ſobald ſie angegriffen werden, in eine Ede zurü> und wiſſen von hier aus erfolgreiche Ausfälle zu machen und dem unvorſihtigen Feinde gefährlihe Wunden beizubringen; ein gut abgerichtetes Frett aber ſhre>en ſolche ausgelernte Fechter niht ab: es weiß doch den rihtigen Augenbli> zu wählen, um den tüciſchen Gegner zu faſſen. Ausgezeichnete Frettchen vermögen in einer Stunde 50 Ratten in einem 2—9 m großen Raume zu töten.

Jh habe ſhon bemerkt, daß das Frett bei ſeinen Kaninchenjagden zuweilen auh auf andere Feinde trifft, welche in einem verlaſſenen Kaninchenbau Zuflucht gefunden haben. So ereignet es ſi<h zuweilen, daß es in einer Kaninchenhöhle mit einem Fltis zuſammenfommt. Dann beginnt ein furhtbarer Kampf zwiſchen beiden gleich ſtarken und gewandten Tieren, fteineswegs zur Freude des Beſißers des gezähmten Mitgliedes der Marderfamilie, weil er alle Urſache hat, für das Leben ſeines Fagdgehilfen zu fürchten. „Ein Frett, welches in eine Kaninchenhöhle geſandt wurde“, erzählt ein Jäger, „verblieb ſo lange Zeit darin,

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