Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

616 Vierte Ordnung: Raubtiere; dritte Familie: Marder.

um das kleine Tier zu einem ausgezeihneten Näuber zu machen. Man hat ſogar beobachtet, daß es gemeinſchaftlich jagt, was nicht wundernehmen kann, da es geſellig lebt und ſi< an manchen Orten in großer Anzahl ſammelt: ſo ſah Pechuel-Loeſche ſieben erwachſene Wieſel, wahrſcheinlih eine Familie bildend die bei Tage einen bebuſchten Feldrain regelret abjagten, ohne ſich dur den nahgehenden Zuſchauer ſonderlich ſtören zu laſſen. Kleine Tiere pat es im Genie oder beim Kopfe, große ſucht es am Halſe zu faſſen. In die Eier macht es geſchi>t an einem Ende ein oder mehrere Löcher und ſaugt dann die Flüſſigkeit aus, ohne daß ein Tropfen verloren geht. Größere Eier ſoll es zwiſchen Kinn und Bruſt flemmen, wenn es ſie fortſhaffen muß; kleinere trägt es im Maule weg. Bei größeren Tieren begnügt es ſih mit dem Blute, welches es aufle>t, ohne das Fleiſch zu berühren kleinere frißt es ganz auf; die, welche es einmal gepa>t hat, läßt es niht wieder fahren. Und dabei gilt es ihm gleih, ob ſeine NRäuberthaten bemerkt werden oder nicht. «Fn unmittelbarer Nähe von bewohnten Gebäuden jagt es faſt ohne alle Scheu.

Die Paarungszeit fällt in den März. Jm Mai oder Juni, alſo nah fünſwöchiger Tragzeit, bekommt das Weibchen 5—7, manchmal aber bloß 3, zuweilen auch 8 blinde Junge, welche es meiſt in einem hohlen Baume oder in einem ſeiner Löcher zur Welt bringt/ immer aber an verſte>ten Orten auf ein aus Stroh, Heu, Laub und dergleichen bereitetes/ neſtartiges Lager bettet. Es liebt ſie außerordentlich, ſäugt ſie lange und ernährt ſie dann noch mehrere Monate mit Haus- Wald- und Feldmäuſen, welche es ihnen lebendig bringt. Wenn ſie beunruhigt werden, trägt es ſie im Maule an einen anderen Ort. Bei Gefahr verteidigt die treue Mutter ihre Kinder mit grenzenloſem Mute. Sowie die allerliebſten . Tierchen erwachſen ſind, ſpielen ſie oft bei Tage mit der Alten, und es ſieht ebenſo wunderli< wie hübſch aus, wenn die Geſellſchaft ſi< im hellſten Sonnenſchein auf Wieſen umhertreibt/ zumal auf ſolchen, welche an unterirdiſchen Gängen, namentlih an Maulwurfslöchecn, rei ſind. Luſtig geht es beim Spielen zu. Aus dieſem und jenem Loche gu>t ein Köpfchen hervor; neugierig ſehen ſih die kleinen, hellen Augen nah allen Seiten um. Es ſcheint alles ruhig und ſicher zu ſein, und eins nac dem anderen verläßt die Erde und treibt ſich im grünen Graſe umher. Die Geſchwiſter ne>en, beißen und jagen ſich und entfalten dabei alle Gewandtheit, welche ihrem Geſchlechte eigentümlich iſt. Wenn der verſte>te Beobachter ein Geräuſh mat, vielleicht ein wenig huſtet oder in die Hand ſchlägt, ſtürzt alt und jung voll Schre>en in die Löcher zurü>, und îm Augenbli>e ſcheint alles verſhwunden zu ſein. Doch nein! Hier ſchaut bereits wieder ein Köpfchen aus dem Loche hervor, dort ein zweites da ein drittes: jeßt ſind ſie ſämtlich da, prüfen von neuem, vergewiſſern ſih der Sicherheit und bald iſt die ganze Geſellſhaft vorhanden. Wenn man nunmehr das Erſchre>en fortſet, bemerkt man gar bald, daß es wenig helfen will; denn die tleinen, mutigen Tierchen werden immer dreiſter, immer frecher und treiben ſi zulegt ganz unbekümmert vor den Augen des Beobachters umher.

Junge Wieſel, welhe noh bei der Mutter ſind, haben das re<te Alter, um gezähmt zu werden. Die Anſicht, welche ſi<h unter den Naturforſhern von Buffon her fortgeerbt hat, daß unſer Tieren unzähmbar ſei, hat mit Recht Widerlegung gefunden; gänzlich unbegründet aber iſt ſie niht. Gefangene Wieſel gehören zu den großen Seltenheiten, niht weil man ſie ſ{hwer erlangt, ſondern weil ſie nur in wenigen Ausnahmefällen den Verluſt ihrer Freiheit ertragen. F< meinesteils habe mir die größte Mühe gegeben, ein Wieſel längere Zeit am Leben zu erhalten, ihm die ihm zuſ agendſten Aufenthaltsorte und die paſſendſte Nahrung geboten, es in keiner Weiſe an umſichtiger Pflege fehlen laſſen und bin doh niht zum Ziele gelangt. Ein paar Tage, manhmal au< wochenlang geht es ganz gut; plöglih aber liegt das Tierchen zu>end und ſi< windend auf dem Boden, und bald darauf iſt es verendet. Jn ſeiner außerordentlichen Reizbarkeit dürfte meiner Meinung nah