Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

Wieſel: Nüßlichkeit, Volksglaube. Hermelin. 619

Haustiere ausgeſeßt ſein ſollen. Jn den Augen abergläubiſcher Leute iſt, laut Wuttke, das Wieſel ein äußerſt gefährliches Tier. Wenn jemand von ihm angefaucht wird, ſo ſhwillt das Geſicht auf, oder man wird blind oder muß ſterben, ja ſchon das bloße Anſehen des Tierchens macht blind oder krank. Man darf das Wieſel nicht beim Namen nennen, ſonſt verfolgt es den Menſchen und bläſt ihn an, deshalb muß man zu ihm ſagen: „Schönes Dingel behüt' di<h Gott“. Es bläſt auh das Vieh an, wodurch dieſes krank wird und Blut ſtatt Milch gibt. Ein langſam zu Tode gemartertes Wieſel heilt Beulen, das ihm abgezapfte, noh warm getrunkene Blut die Fallſucht, das einem lebendigen Wieſel ausgeriſſene und ſofort gegeſſene Herz verleiht die Kraft der Wahrſagung. Von ſonſtiger Quackſalberei, wie ſolche der alte Gesner erzählt, will ih ſ<hweigen; nach den Proben, welche ih weiter oben gegeben, genügt es zu ſagen, daß ſo ziemlih jeder Teil des Leibes im Arzneiſchaße früherer Zeiten ſeine Rolle ſpielte. Dagegen glauben die Landleute in anderen Gegenden, daß die Anweſenheit eines Wieſels im Hofe dem Hauſe und der Wirtſchaft Glück bringe, und dieſe Leute haben in anbetracht der guten Dienſte, welche der kleine Näuber leiſtet, jedenfalls die Wahrheit beſſer erkannt.

Der nächſte Verwandte des Wieſels iſt das Hermelin, auh wohl großes Wieſel genannt (Putorius erminea, Viverra, Mustela und Foetorius erminea, Mustela candida 2c.), ein Tier, welches dem Hermännchen in Geſtalt und Lebensweiſe außerordentlich ähnelt, aber bedeutend größer iſt als der kleine Verwandte. Die Geſamtlänge beträgt 32 bis 33 cm, wovon der Schwanz 5—6 em wegnimmt; im Norden ſoll es jedoch größer werden als bei uns. Oberſeite und Shwanzwuxzelhälfte ſehen im Sommer braunrot, im Winter weiß aus und haben zu jener Zeit braunrötliches, zu dieſer weißes Wollhaar, die Unterſeite hat jederzeit weiße Färbung mit gelblihem Anfluge, und die Endhälfte des Shwanzes iſt immer ſ{<warz.

Die Veränderung der Färbung des Hermelins im Sommer und Winter hat unter den Naturforſchern zu Meinungsverſchiedenheiten Veranlaſſung gegeben. Einige ſonſt trefflich beobachtende Schriftſteller nehmen an, daß eine doppelte Härung ſtattfinde, andere, zu denen ih zähle, ſind der Anſicht, daß das Sommerhaar gegen den Winter hin und beziehentlich bei Eintritt ſtarker Kälte einfach verbleicht, ſo wie wir dies beim Eisfuchſe und dem Schneehaſen beobachten können. Über den Farbenwechſel im Frühlinge hat der Schwede Grill deſſen anmutige Schilderungen weiter unten folgen werden, nah Wahrnehmungen an ſeinen Gefangenen treffliche Beobachtungen gemacht. „Am 4. März“, ſagt er, „konnte man zuerſt einige dunkle Haare zwiſchen den Augen bemerken. Am 10. hatte es auf derſelben Stelle einen braunen, hier und da mit Weiß durchbrochenen Fle>en von der Breite der halben Stirn. Über den Augen und um die Naſe zeigten ſi<h nun mehrere kleine dunkle Fle>en. Wenn es ſih krumm bü>te, ſah man, daß der Grund längs der Mitte des Nükens, unter den Schultern und auf dem Scheitel dunkel war. Am 11. war es den ganzen Rückgrat und über die Schultern entlang dunkel. Am 15. zog ſich das Dunkel ſchon über die Hinter- und Vorderbeine ſowie ein Stü über die Shwanzwurzel. Am 18. umfaßte das Graubraun den Durchgang zwiſchen den Ohren, den Hinterhals, ungefähr 5 cm breit, ebenſo den Rücken, ein Viertel des Schwanzes und zog ſich über Schultern und Hüſten bis zu den Füßen. Überall war die dunïle und die weiße Färbung ſcharf begrenzt und die erſtere durhaus unvermiſcht mit Weiß, ausgenommen im Geſichte, welches ganz bunt ausſah. Das Braune war dort am dunkelſten und wurde nah hinten zu allmählich heller, ſo daß es über den Lenden und um die Shwanzwurzel gelbbraun oder ſhmußziggelblih war. Der Schwanz hatte nun drei Farben, nämlich ein Viertel Braungelb, ein Viertel Weiß mit ſ{wefelgelbem Anſtrich und die Hälfte Schwarz. Auch unter dem Bauche war die ſhwefelgelbe Farbe jetzt ſtärker als vorher.