Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

630 Vierte Ordnung: Raubtiere; dritte Familie: Marder.

beabſichtigten, ein Weibchen zu ſuchen. Jn einer Woche erhielt gedahter Naturforſcher eine große Anzahl von männlichen Minks, jedo<h nicht einen einzigen weiblichen, und ſpricht deshalb ſeine Meinung dahin aus, daß ſich die weiblichen Minks während der Nollzeit in Höhlen verbergen. Die 5—6 Fungen, welche ein Weibchen wirft, findet man Ende April in Höhlen unter den überhängenden Ufern oder auf kleinen Jn\ elchen, im Sumpfe und auch wohl in Vaumlöchern. Wenn man ſie bald aus dem Neſte nimmt, werden ſie ungemein zahm und zu wahren Schoßtierchen. Richardſon ſah eins im Beſiße einer Kanadierin, welches ſie bei Tage in der Taſche ihres Kleides mit ſich herumtrug. Audubon beſaß ein anderes über ein Jahr lang und durfte es frei im Hauſe und Hofe umherlaufen laſſen, ohne daß er Urſache hatte, ſich zu beklagen. Es fing wohl Natten und Mäuſe, Fiſche und Fröſche/ griff aber niemals die Hühner an. Mit den Hunden und Katen ſtand es auf beſtem Fuße. Am lebendigſten und ſpielluſtigſten zeigte es ſi in den Morgen- und Abendſtunden; gegen Mittag wurde es ſ<hläfrig. Einen unangenehmen Geruch verbreitete es niemals.

Der Mink geht leiht in alle Arten von Fallen und wird ebenſo häufig geſchoſſen wie gefangen; ſeine Lebenszähigkeit macht jedo< einen guten Schuß notwendig.

Pring von Wied beſtätigt Audubons Beſchreibung, fügt aber hinzu, daß der Mink zuweilen mehr als ein Huhn auf einmal töte, daß er ſi< im Winter oft längere Zeit von Flußmuſcheln ernähre und man deshalb viele leere Muſchelſchalen in der Nähe ſeines Wohnplages finde, daß er ſi< im Winter häufig den menſchlichen Wohnungen nähere und dann oft gefangen oder erlegt würde, und endlih, daß er, obwohl er außerordentlich geſ<hi>t und ſchnell mit langausgeſtre>tem Körper ſ<hwimme, doch nicht lange unter dem Waſſer bleiben könne, ſondern mit der Naſe bald hervorkomme, um Atem zu holen.

Über unſeren Nerz ſind die Angaben viel dürftiger. Schon Wildungen ſagt in ſeinem 1799 erſchienenen „Neujahrsgeſchenk für Forſt- und Jagdliebhaber“, daß der Sumpyfotter ein in Deutſchland ſehr ſeltenes, manchem waeren Weidmanne wohl gar noh unbekanntes Geſchöpf ſei, daß er ſchon länger gewünſcht habe, näher mit ihm vertraut zu werden, und die Erfüllung dieſes Wunſches nux der unermüdlichen Fürſorge des Grafen Mellin verdanke. Von dieſem Naturforſcher teilt er einige Beobachtungen mit. „Jn ſeinem Gange mit gefrümmtem Rü>en, in ſeiner Behendigkeit, durch die kleinſten Öffnungen zu ſ{lüpſen, gleicht der Nerz dem Marder. Gleich dem Frettchen iſt er in unaufhörlicher Bewegung, alle Winkel und Löcher auszuſpähen. Er läuft ſ{<le<t, klettert auh niht auf die Bäume, iſt aber, wie der gemeine Fiſchotter, ein ſehr geübter Shwimmer, welcher ſehr lange unter Waſſer ausdauern kann. Den reißenden Wellen ſtarker Ströme zu widerſtehen, mag er ſih wohl zu {wach fühlen, da er weniger an großen Flüſſen, ſondern mehr an leinen fließenden Wäſſern gefunden wird. Seine Rollzeit iſt im Februar und März, und im April oder Mai findet man an erhabenen, tro>enen Orten, in den Brüchen oder Baumwurzeln, in den eigenen Röhren blindgeborene Junge.

„Der Sumpfotter liebt Stille und Einſamkeit an ſeinem Wohnorte. So ſehr er aber auh Menſchen flieht und mit großer Klugheit deren Nachſtellungen zu entgehen weiß, beſucht er doch zuweilen Federviehſtälle und würgt dann, wie Marder und Jltis, ſolange noh Federvieh vorhanden und er nicht geſtört wird; doh geſchieht dies nux in einſamen Fiſherwohnungen, und ich habe ‘nie gehört, daß er in Dörfer gekommen ſei, um dort zu rauben. Seine gewöhnliche Nahrung ſind Fiſche, Fröſche, Krebſe, Shne>en; wahrſcheinlih mögen ihm aber au<h manche junge Schnepfen und Waſſerhühnchen zur Beute werden. Der anlo>ende Preis ſeines Balges, welcher auh im Sommer gut iſt, vermehrt die Nachſtellungen auf das immer ſeltener werdende Tier ungemein, und wenn ihm nicht die bisherigen gelinden Winter etwas zu ſtatten gekommen ſind, fo möchte dieſe Tierart auh wohl in Pommern, woſelbſt Mellin ſie beobachtete, bald gänzlih ausgerottet ſein.“

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