Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

642 Vierte Ordnung: Naubtiere; dritte Familie; Marder.

den Hauptbeſtandteil ihrer Mahlzeiten; auf waldfreien Stre>en geht ſie den Hühnern und jungen Nandus nach, in den Wäldern beſteigt ſie die Bäume und bemächtigt ſi< der Brut der Vögel. Jn die Hühnerſtälle bricht ſie nah Marderart ein, beißt dem Federvieh den Kopf ab und le>t das Blut mit derſelben Gier wie Baummarder oder Fltis; denn auch ſie iſt blutdürſtig und erwürgt, wenn es in ihrer Gewalt liegt, mehr Tiere, als ſie zur Sättigung bedarf. Als ausgezeichneter Kletterer beſteigt ſie ſelbſt die höchſten Bäume, um die Neſter der Vögel zu plündern oder den Honig der Bienen aufzuſuchen. Abwärts klettert ſie ſtets mit dem Kopfe voran und zeigt dabei eine Fertigkeit, welche nux wenig andere kletternde Säugetiere beſißen. „Sie läuft“, ſagt der Prinz von Wied, „zwar niht beſonders ſchnell, hält aber ſehr lange die Spux des angejagten Tieres ein und ſoll dadurch dasſelbe oft ermüden und fangen. Man will geſehen haben, daß ſie ein Reh jagte, bis dieſes aus Ermüdung ſi<h niederlegte und dann noh lebend von ihr angefreſſen wurde.“

Jhre Lager oder Neſter legt ſie, laut Henſel, wohl immer in unterirdiſhen Bauen an; wenigſtens fanden Henſels Hunde einſt ein ſolches unter Felſen. „Es gelang nah vieler Mühe, durch abgehauene ſchwere Stämme, welche als Hebebäume benußt wurden, die Felstrümmer auf die Seite zu ſchaffen und die Alten nebſt zwei Fungen zu erhalten. Dieſe waren noh blind und vielleicht erſt wenige Tage alt; ſie glichen in Anſehen und Stimme ganz täuſchend jungen Füchſen, und man mußte ziemlih genau zuſehen, um an den etwas kürzeren Beinen und den längeren Krallen an allen fünf Zehen die Unterſchiede herauszufinden.“

Die Hyrare wird in ganz Südamerika ziemlich oft gezähmt. Schomburgk fand ſie oft in den Hütten der Jndianer, welche ſie Maikong oder Hava nennen, und beſaß, wie auh Ren gger, ſelbſt längere Zeit ein Stück lebend. Beide Forſcher berichten uns darüber etwa folgendes: Man ernährt die Hyrare mit Milch, Fleiſch, Fiſchen, gekochten Yams, reifen Bananen, kurz mit allem Möglichen, und kann ſie ſomit ſehr leicht erhalten. Wenn man ihr Speiſe zeigt, ſpringt ſie heftig danach, ergreiſt ſie ſogleich mit den Vorderpfoten und den Zähnen und entfernt ſi<h damit ſoweit als thunlih von ihrem Wärter. Dann legt ſie ſih auf den Bauch nieder und frißt das Fleiſch, es mit beiden Vorderpfoten feſthaltend, ohne Stücke davon abzureißen, nah Kaßenart, indem ſie mit den Backenzähnen der einen Seite daran faut. Wirft man ihr lebendes Geflügel vor, ſo drückt ſie es in einem Sprunge zu Boden und reißt ihm den Hals nahe am Kopfe auf. Ein gleiches thut ſie mit fleinen Säugetieren, ja, wenn ſie niht ſorgſam genug gezogen worden iſt, ſelbſt mit jungen Hunden und Katen. Sie liebt das Blut ſehr, und man ſieht ſie dieſes gewöhnlih, wenn ſie ein Tier erlegt hat, aufle>en, bevor ſie von dem Fleiſche genießt. Stört man ſie beim Freſſen, ſo beißt ſie wütend um ſich. Flüſſigkeiten nimmt ſie lappend zu ſih. Sie iſt ſehr reinlih und le>t und putt ihr glänzend ſhwarzes Fell fortwährend. Jm Zorne gibt fie einen eigenen Biſamgeruch von ſih, welcher von einer Abſonderung der in der Hautfalte unter dem After liegenden Drüſen herrührt. Behandelt man ſie mit Sorgfalt, ſo wird ſie gegen den Menſchen ſehr zahm, ſpielt mit ihm, gehorht ſeinem Rufe und folgt ihm, wenn ſie losgebunden wird, gleich einer Kaße durch das ganze Haus nah. Dabei zeigt ſie ſi< ſehr ſpielluſtig und le>t und kaut beſonders gern an den Händen herum, beißt aber oft auch recht herzhaft zu- Jm Spielen ſtößt ſie, wie es die jungen Hunde zu thun pflegen, knurrende Töne aus; wird ſie aber ungeduldig, ſo läßt ſie ein kurzes Geheul hören. Ungeachtet ihrer Liebenswürdigkeit bleibt ſie doh gegen alle kleineren Haus8tiere, namentli<h gegen das Geflügel, ein gefährliher Feind und ſpringt, ſolange ſie etwas Lebendes um ſi ſieht, auf dieſes mit einer Art von Wut zu, um es abzuwürgen, alle früher erhaltenen Züchtigungen vergeſſend. Jhre Lebensart ändert ſie in der Gefangenſchaft, wenn ſie immer angebunden bleibt oder in einem Käfig gehalten wird, inſoweit, daß ſie die ganze Nacht ſ{<lafend zubringt; läßt man ſie aber in der Wohnung frei umherlaufen, ſo bringt ſie dieſelbe Ordnung