Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

678 Vierte Ordnung: Raubtiere; dritte Familie: Marder.

Wenn mi< jemand am Roe faßte und ih rief: „Er berührt mich!“ ſo ſprang er mit einem durchdringenden Schrei hervor und zerrte jenen an den Kleidern und Beinen wie ein Hund. Auch liebte er einen zottigen Hund, welcher Korporal hieß. Von dieſem hatte er alle jene Künſte erlernt, denn er hielt mit ihm Freundſchaft und war ſowohl in der Stube als auf Reiſen ſtets bei ihm. Dagegen vertrug er ſih mit anderen Hunden gar niht.

„Dieſes Tierchen wax auch auf der Reiſe ſehr nüßlih. Wenn ih während der Faſtenzeit an einen Fluß oder Teich kam und den Fiſchotter bei mir hatte, ſo ſtieg ih ab und” rief: „Wurm, ſpring hinein!“ Das Tierchen ſprang ins Waſſer und brachte Fiſche heraus, ſoviel ih für mi und meine Dienerſchaft brauchte. Auch Fröſche, und was es ſonſt fand, ſchleppte es herbei. Die einzige Unannehmlichkeit, welche ih mit ihm auf Reiſen hatte, war, daß allerwegens die Leute in Haufen zuſammenſtrömten, als wenn das Tierchen aus Jndien geweſen wäre. Jh beſuchte einmal meinen Oheim Felix Chociewski, bei welchem ih auch der Prieſter Srebiensfi befand, welcher bei Tiſche neben mir ſaß, während hinter mir der Fiſchotter auf den Nüken geſtre>t lag, weil er am liebſten auf dieſe Art ruhte. Als der Prieſter ihn bemerkte, glaubte er einen Muff zu ſehen und faßte ihn an. Der Otter wachte auf, ſchrie und biß den Prieſter in die Hand, ſo daß dieſer vor Shhre> ohnmächtig wurde.

„Straſzewski begab ſih nun zum Könige und erzählte ihm alles, was er geſehen und gehört hatte. Der König ließ mich ſ<hriftlih befragen, wieviel ih für den Fiſchotter verlangte; auc der Kronſtallmeiſter Piekarsfki ſchrieb an mih: „Um Gotteswillen, ſchlage dem Könige die Vitte nicht ab, gib ihm den Fiſchotter, weil du ſonſt keine Ruhe haben wirſt!“ Straſzewski überbrachte mir die Briefe und erzählte, daß der König immer ſagte: „Bis dat, qui cito dat“. Der König ließ auh zwei ſehr ſhöne türkiſche Pferde von Jaworow holen, ſie mit prächtigem Reitzeuge verſehen und mix als Gegengeſchenk überſchi>éen. Jh ſandte nun den Otter in den neuen Dienſt. Er bequemte ſi<h ungern dazu, denn er ſchrie und lärmte in dem Käfig, als er dur< das Dorf gefahren wurde. Das Tierchen grämte ſi und wurde mager. Als es dem Könige überbracht wurde, freute er ſi< unmäßig und rief: „Das Tierchen ſieht ſo abgehärmt aus, doch ſoll es ſchon beſſer mit ihm werden.“ Feder, der es berührte, wurde von ihm in die Hand gebiſſen. Der König aber ſtreichelte es, und es neigte ſih zu ihm hin; darüber erfreute er ſih ſehr, ſtreichelte es noh länger, befahl, ihm Speiſen zu bringen, reichte ſie ihm ſtü>weiſe, und er verzehrte auch einiges. Er ging in den Zimmern frei und ungehindert 2 Tage umher; au<h wurden Gefäße mit Waſſer hingeſtellt und leine Fiſche und Krebſe hineingeſeßt. Daran ergögte ſih der Otter und brachte die Fiſche heraus. Der König ſagte zu ſeiner Gemahlin: „Holde Maria, ih werde feine anderen Fiſche eſſen als die, welche der Otter fängt. Wir wollen morgen na<h Wilagnow fahren, um zu ſehen, wie er ſich aufs Fiſchen verſteht.“ Der Fiſchotter aber ſ{li< ſi{< in nächſter Nacht aus dem Schloſſe, irrte umher und ward von einem Dragoner erſchlagen, welcher niht wußte, daß er zahm war. Das Fell verkaufte er ſogleih an einen Fuden. Als man im Schloſſe aufſſtand und ihn vermißte, wurde geſchrieen, gejammert, nach allen Seiten ausgeſchi>t. Da findet man den Juden und Dragoner, ergreift ſie und führt ſie vor den König. Als dieſer das Fell erbli>te, bede>te er mit einer Hand ſeine Augen, fuhr mit der anderen in ſeine Haare und rief: „Schlag zu, wer ein ehrlicher Mann iſt; hau zu, wer an Gott glaubt!“ Der Dragoner ſollte erſchoſſen werden. Da erſchienen Prieſter, Beichtväter und Biſchöfe vor dem Könige, baten und ſtellten ihm vor, daß der Dragoner nur in Unwiſſenheit geſündigt habe. Sie wirkten endlich ſo viel aus, daß er niht erſchoſſen, ſondern nux durhgepeitſht wurde.“

Der Fiſchotter wird wegen der argen Verwüſtungen, welche er anrichtet, zu jeder Zeit unbarmherzig gejagt. Seine S<hlauheit macht viele Fagdarten, welche man ſonſt anwendet, langweilig oder unmöglich. Es iſt ſchwierig, einen Otter auf dem Anſtande zu erlegen; denn