Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

Geſelliges Leben. Leitaffe und Bande. Affenſprache. 47

Bande erſt über den Wohnort geeinigt hat, beginnt das wahre Affenleben mit all ſeiner Luſt und Freude, ſeinem Kampf und Streit, ſeiner Not und Sorge. Das ſtärkſte oder älteſte, alſo befähigtſte männliche Mitglied einer Herde ſchwingt ſich zum Zugführer oder Leitaffen auf. Dieſe Würde wird ihm niht dur das allgemeine Stimmrecht übertragen, ſondern erſt nah ſehr hartnäkigem Kampfe und Streite mit anderen Bewerbern, d. h. mit ſämtlihen übrigen alten Männchen, zuerteilt. Die längſten Zähne und die ſtärkſten Arme entſcheiden. Wer ſih niht gutwillig unterordnen will, wird dur Biſſe und Püffe gemaßregelt, bis er Vernunft annimmt. Dem Starken gebührt die Krone: in ſeinen Zähnen liegt ſeine Weisheit. Der Leitaffe verlangt und genießt unbedingten Gehorſam und zwar in jeder Hinſicht. Ritterliche Artigkeit gegen das ſ<hwächere Geſchlecht übt ex niht: im Sturme erringt er der Minne Sold. Kein weibliches Glied der Bande darf ſih einer albernen Liebſchaft mit irgend welhem Grünſchnabel hingeben. Seine Augen ſind ſcharf, und ſeine Zucht iſt ſtreng; ex verſteht in Liebesfachen keinen Spaß. Auch die Äffinnen, welche ſich oder beſſer ihn vergeſſen ſollten, werden gemaulſchellt und zerzauſt, daß ihnen der Umgang mit anderen Helden der Vande gewiß verleidet wird; der betreffende Affenjüngling, welcher die Haremsgeſeße des auf ſein Recht ſtolzen Sultans verleßt, kommt noch ſ{<limmer weg: Die Eiferſucht macht dieſen furhtbar. Es iſt auh thöriht von einer Äffin, ſolche Eiferſucht heraufzubeſ<wören; denn der Leitaffe iſt Manns genug für ſämtliche Äffinnen ſeiner Herde. Wird dieſe zu groß, dann ſondert ſich unter der Führung eines inzwiſchen ſtark genug gewordenen Mitbruders ein Teil vom Haupttrupp ab und beginnt nun für ſi<h den Kampf und den Streit um die Oberherrſchaft in der Leitung der Herde und in der Liebe. Kampf findet immer ſtatt, wo mehrere nah gleichem Ziele ſtreben; bei den Affen vergeht aber ſicher kein Tag ohne Streit und Zank. Man braucht eine Herde nur kurze Zeit zu beobachten und wird gewiß bald den Streit in ihrer Mitte und ſeine wahre Urſache kennen lernen.

Im übrigen übt der Leitaffe ſein Amt mit Würde aus. Schon die Achtung, welche er genießt, verleiht ihm Sicherheit und Selbſtändigkeit, welche ſeinen Untergebenen fehlt; au<h wird ihm von dieſen in jeder Weiſe geſchmeichelt. So ſieht man, daß ſelbſt die Äffinnen ſih bemühen, ihm die höchſte Gunſt, welche ein Affe gewähren oder nehmen kann, zu teil werden zu laſſen. Sie beeifern ſich, ſein Haarkleid ſtets von den läſtigen Schmaroßern möglichſt rein zu halten, und er läßt ſi< dieſe Huldigung mit dem Anſtande eines Paſchas gefallen, welchem eine Lieblingsſklavin die Füße kraut. Dafür ſorgt auch er treulih für die Sicherheit ſeiner Bande und iſt deshalb in beſtändiger Unruhe. Nach allen Seiten hin ſendet er ſeine Blicke, keinem Weſen traut er, und ſo entde>t er auch faſt immer rechtzeitig eine etwaige Gefahr.

Die Affenſprache darf ziemlich reichhaltig genannt werden; wenigſtens verfügt jeder Affe über ſehr we<ſelnde Laute für verſchiedenartige Erregungen. Auch der Menſch erkennt bald die Bedeutung dieſer Laute. Der Ausruf des Entſeßens, welcher ſtets die Mahnung zur Flucht in ſi ſ{hließt, iſt beſonders bezeihnend. Er läßt ſi allerdings ſehr ſ<hwer beſchreiben und no< weniger nahahmen; man kann eben nur ſagen, daß er aus einer Reihe kurzer, abgeſtoßener, gleichſam zitternder und mißtöniger Laute beſteht, deren Wert der Affe dur die Verzerrung des Geſichtes noh beſonders erläutert. Sobald dieſer Warnungston laut wird, nimmt die Herde eiligſt die Flu<ht. Die Mütter rufen ihre Kinder zuſammen; dieſe hängen im Nu an ihnen feſt, und mit der ſüßen Bürde beladen, eilen ſie ſo ſhnell als mögli<h na< dem nächſten Baume oder Felſen. Erſt wenn der Leitaſfe ſih wieder ruhig zeigt, ſammelt ſi< die Herde und beginnt dann na< kurzer Zeit den Rückweg, um die unterbrochene Plünderung wieder aufzunehmen,

Pechuel-Loeſche, der Affen vornehmli<h in weſtafrikaniſhen Wildniſſen beobachtete, weiß folgendes über ſie mitzuteilen: „Affen, beſonders Meerkatßen, gibt es in großer Menge,