Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2, стр. 520

480 Siebente Drdnung: Nager; vierte Familie: Springnager.

Kein Menſch iſt im ſtande, einer im vollen Laufe begriffenen Springmaus na<zukommen, und der ſicherſte Shüße muß ſi< zuſammennehmen, will er ſie im Laufe erlegen. Sogar in einem eingeſchloſſenen Raume bewegt ſich das zierliche Tierchen no ſo ſhnell, daß ein Jagdhund es kaum einholen kann. Bruce erzählt, daß ſein Windhund ſi< eine Viertelſtunde abhezen mußte, ehe er Herr über ſein gewandtes und ſchnelles Opfer wurde.

Fühlt ſich die Springmaus ungeſtört und ſicher, ſo ſitt ſie aufre<ht auf dem Hinterteile wie ein Känguruh, oft auf den Schwanz geſtützt, die Vorderpfoten an die Bruſt gelegt, ganz wie Springbeuteltiere es au< zu thun pflegen. Sie weidet in ähnlicher Weiſe wie Känguruhs; doh gräbt ſie mehr als dieſe nah Knollen und Wurzeln, welche wohl ihre Hauptnahrung zu bilden ſheinen. Außerdem verzehrt ſie mancherlei Blätter, Früchte und Samen, ja ſie ſoll ſelbſt Aas angehen oder wenigſtens den Kerbtieren gierig nachſtellen. Dies behauptet au< wieder Th. von Heuglin, welcher als trefflicher Beobachter bekannt iſt. Obgleih die Wüſtenmaus ein e<tes Nachttier iſt und ihre Wanderungen erſt na< Sonnenuntergang beginnt, ſieht man ſie doh auch zuweilen im hellſten Sonnenſchein, ſelbſt während der größten Hite vor ihrem Baue ſißen und ſpielen. Sie zeigt dann eine Gleichgültigkeit gegen die Mittagsglut der afrikaniſchen Sonne, welche wahrhaft bewunderungswürdig iſt; denn man muß wiſſen, daß kaum ein einziges anderes Tier um dieſe Zeit in der Wüſte ſih bewegt, weil die brennende Hige ſelbſt den eingeborenen Kindern jener erhabenen Landſchaft geradezu unerträgli<h wird. Gegen Kälte und Näſſe dagegen iſt ſie im höchſten Grade empfindlih, bleibt daher bei ſ{hle<tem Wetter ſtets in ihrem Baue verborgen und verfällt wohl auch zeitweilig in eine Erſtarrung, welche an den Winterſchlaf der nördlichen Tiere erinnert.

Über die Fortpflanzung der Wüſtenſpringmaus iſt nihts Sicheres bekannt. Die Araber erzählten mix, ſie baue ſi< in einem tieferen Keſſel ihrer Höhle ein Neſt, kleide es wie Kaninhen mit Haaren ihres Unterleibes aus, und darin finde man 2—4 Junge: — ob dies rihtig iſt, wage ih niht zu behaupten, obwohl ih zugeben muß, daß jedenfalls die Araber das Tier am beſten kennen. Sie ſtellen ihm, weil ſie das Fleiſh genießen und ziemlih hohſc<häßen, eifrig nah und fangen es ohne ſonderlihe Mühe lebendig oder erſchlagen es beim Herausfommen aus den Bauen. Jhre Jagdweiſe iſt ſehr einfah. Sie begeben ſi mit einem langen und ſtarken Sto>e nach einer Anſiedelung der Springmäuſe, verſtopfen den größten Teil der Röhren und graben nun einen Gang nah dem anderen auf, indem ſie ihren ſtarken Sto> in den Gang ſte>en und deſſen De>ken aufbrehen. Die geängſtigten Wüſtenmäuſe drängen ſih nah dem innerſten Keſſel zurü> oder fahren durc eine Fluhhtröhre nah außen und dann in ein vorgeſtelltes Neg oder ſelbſt einfa< in den Ärmel des Obergewandes, welches der Araber vorgelegt hat. So können zuweilen 10—20 Stü auf einmal gefangen werden; wenigſtens macht es gar keine Mühe, eine ſolche Anzahl lebend zu erhalten: jagdkundige Araber bringen auf Verlangen ſo viele Springmäuſe, als man haben will.

Außer dem Menſchen haben dieſe Tiere wenig andere Feinde. Fenek und Karakal, vielleiht au< eine oder die andere Cule ſind die ſ<hlimmſten Räuber, welche ihnen auf: lauern; gefährlicher dürfte ihnen die ägyptiſche Brillenſchlange werden, jene bekannte Giftlange Afrikas, welche auf allen ägyptiſhen Tempeln ſih zeigt, welche ſhon Moſes zu ſeinen Gaukeleien gebrauchte, wie ſie die heutigen ägyptiſhen Gaukler noch zu allerlei Kunſtſtü>k<hen benußen. Sie lebt an ähnlihen Orten wie die Springmäuſe, dringt mit Leichtigfeit in die Gänge ein, welche leßtere ſih graben, und tötet viele von ihnen.

Die naturkundigen Europäer, welche in Ägypten und Algerien wohnen, halten die Springmaus oft in der Gefangenſchaft. Jh kann aus eigener Erfahrung verſichern, daß das Tier im Käfige oder im Zimmer viele Freude macht. Während meines Aufenthaltes in