Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2, стр. 521
Wüſtenſpringmaus: Frei- und Gefangenleben. 481
Afrika brahte man mir oft 10—12 Springmäuſe zugleih. F< räumte ſolchen Geſellſchaf: ten dann eine große Kanmer ein, um ihre Bewegungen beobachten zu können. Vom erſten Augenbli>e an zeigten ſih die Gefangenen harmlos und zutraulih. Dhne Umſtände ließen ſie ſid berühren, machten auh niht Miene, dem Menſchen auszuweichen. Beim Umhergehen in ihrem Zimmer mußte man ſi< in aht nehmen, ſie niht zu treten, ſo ruhig blieben ſie ſißen, wenn man auf ſie zukam. Unter ſih ſind die Springmäuſe auch in der Gefangenſhaft bewunderungswürdig friedlih und geſellig. Sie ſchmiegen ſich dicht aneinander und verſchlingen ſih zuweilen förmlich ineinander, namentli<h wenn es am Morgen kühl iſt; denn ſchon die geringſte Abnahme der Wärme wird ihnen auffallend und läſtig. Trockene Körner, Reis, Möhren, Rüben, andere Wurzeln und manche Früchte ſcheinen ihnen beſonders zu behagen; au< Kohl und Kraut, ſelbſt Blumen-, z. B. Roſenblätter, freſſen ſie gern: allein man kann ſie niht mit aus\<hließli< ſaftigen Pflanzen erhalten. Sie ſind an dürftige und dürre Koſt gewöhnt. Wenn ihnen tro>ene Nahrung gänzlich fehlt, werden ſie traurig, verkümmern ſihtli< und ſterben endlih dahin. Gibt man ihnen Weizen, Reis, etwas Milch und dann und wann eine Weinbeere, ein Stü>kchen Apfel, eine Möhre oder ſonſt eine andere Frucht, ſo befinden ſie ſih wohl und halten ſich ſehr lange. Nach Europa kommen ſie neuerdings nicht allzu ſelten. Jh habe auh in Deutſchland viele erhalten und will verſuchen, das Betragen dieſer höchſt lieben8würdigen und anmutigen Geſchöpfe ſo genau wie möglih zu ſchildern.
Die Springmäuſe, welhe Sonini in Ägypten hielt, waren am munterſten, wenn die Sonne durs Fenſter ſchien; diejenigen, welche ih zahm hielt, waren allerdings auh zuweilen bei Tage in Bewegung, bewieſen aber ſ{<lagend genug, daß die Nacht die wahre Zeit ihres munteren Treibens iſt. Fede Springmaus \{<läft den ganzen Tag, vom frühen Morgen bis zum ſpäten Abend, kommt, wenn man ſie niht ſtört, auh niht einen Augenbli> aus ihrem Neſte hervor, ſondern ſchläft gute 12 Stunden in einem Zuge fort. Aber auh während der Nacht ruht ſie no< mehrere Male halbe Stündchen aus. Wenn man ſie bei Tage aus dem Neſte nimmt, zeigt ſie ſih ſehr ſ{<hläfrig, fällt in der Hand hin und her und kann ſi längere Zeit niht ermuntern. Fhre Stellung beim Schlafen iſt eigentümlich. Gewöhnlich ſizt ſie im Neſte auf den ziemlih eng zuſammengeſtellten Ferſen ſo, daß die weiter auseinander ſtehenden Fußſpißen in der Luft ſ{hweben. Den Kopf biegt ſie ganz herab, ſo daß die Stirn unten auf dem Boden ruht und die Shnauze an den Unterleib angedrüctt wird. Der Schwanz liegt in großem Bogen über die Fußſpißzen weg. So gleicht das Tier einem Balle, über deſſen Oberfläche bloß die übermäßig langen Beine hervorragen. Manchmal legt ſi<h die Springmaus aber auh auf die Seite oder ſelbſt auf den Rücken und ſtre>t dann die Beine ſonderbar nah oben; immer aber bleibt ſie in dieſer zuſammengerollten Stellung. Die Ohren werden beim Schlafen dicht an den Kopf gedrü>t und an ihrer Spiße teilweiſe eingerollt, ſo daß ſie faltig, gleichſam wie zerknittert ausſehen. Bewegungslos liegt das Tier in dem warmen Neſtchen, bis der Abend ordentlich hereingebrohen. Nunmehr macht ſi ein leiſes Raſcheln und Rühren im Neſte bemerklih. Die Langſhläferin pußt ſi, glättet die Dhren, läßt einen leiſen, wie ſchwacher Huſten klingenden Ton vernehmen, ſpringt plößlich mit einem einzigen Saße durch die Neſtöffnung hervor und beginnt nun ihr eigentümliches Nachtleben. Das erſte Geſchäft, welches ſie jeßt beſorgt, iſt das Puten. Jn der Reinlichkeit wird die Springmaus von keinem anderen Nager übertroffen. Faſt alle ihre freie Zeit verwendet ſie, um das ſeidenweiche Fell zu ordnen. Härchen für Härchen wird durhgekämmt und durchgele>t, jeder Teil des Körpers, ſelbſt der Schwanz, gehörig beſorgt. Einen weſentlichen Dienſt leiſtet ihr dabei feiner Sand. Dieſer iſt ihr überhaupt ganz unentbehrlich; ſie wälzt ſi<h mit förmlicher Wolluſt in ihm herum, kraßt und wühlt in ihm und kann ſi< gar niht von ihm trennen. Beim Pußen nimmt ſie
Brehm, Tierleben. 3. Auflage. Il. 31