Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3
414 Elfte Ordnung: Paarzeher; dritte Familie: Horntiere.
Selten entſchließen ſih die Gemſen in der Gefangenſchaft zur Fortpflanzung, und wenn ſie es wirkflih thun, hat der Pfleger mit der größten Sorgfalt zu verfahren, um den Bod im Zaume zu halten. Laut Tſchudi erhielt Laufer 1853 von ſeiner zahmen Gemsziege ein Junges, welches bald nah der Geburt ſtarb, im Mai 1855 aber ein zweites, geſundes und munteres Tierchen. Jm Jahre 1863 hatte Schöpff die Freude, ſeine gefangenen Gemſen zur Paarung ſchreiten zu ſehen, und am 30. Juni kam ein junger geſunder Bo> zur Welt. Das Tierchen erhielt eine Ziege zur Pflege, gedieh und wuhs fo raſh heran, daß es bereits na< 1/2 Jahren faſt ebenſo groß wie die Mutter war. Die alte Gemſe ging 1 Jahr lang gelt, ſeßte aber im folgenden Jahre wiederum ein Junges. Fn Schönbrunn hat man ebenfalls Gemſen gezüchtet.
Se
Von allen bekannten Antilopen weiht die im Nordoſten unſeres Erdteiles häufige Saiga oder Steppenantilope, Saigak der Ruſſen, Goroſſun der Kalmücen (Colus tataricus, Antilope -saiga und scythica, Capra und Saiga tatarica, Tbex imberbis) dur weſentliche Eigentümlichkeiten ſo erheblich ab, daß man ſie mit Fug und Recht als Vertreter einer beſonderen Gattung anſieht. Sie erinnert in Geſtalt und Weſen an das Schaf, in gewiſſer Beziehung aber auch wieder an das Renn. Jhre Geſtalt iſt ſehr plump, der Leib di> und gedrungen, auch verhältnismäßig niedrig geſtellt, da die Läufe wohl ſhlank, aber niht hoch ſind, das Fell außerordentlih langhaarig und ſo dicht, daß es eine glatt: wollig erſcheinende Dee bildet. Mehr als dur jedes andere Merkmal aber zeichnet ſich die Saiga durch die Geſtaltung ihres Maules und insbeſondere dur die Bildung ihrer Naſe aus. Dieſe ragt über die Kinnlade vor, iſt dur eine Längsfurche geteilt, knorpelhäutig, in Runzeln zuſammenziehbar und deshalb ſehr beweglih, an der abgeſtußten Spiße von runden, am Rande behaarten, in der Mitte na>ten Naſenlöhern durhbohrt, |o Daß das Ganze einen förmlichen Rüſſel bildet und man deshalb der Gruppe den Namen „Nüſſelantilopen“ geben könnte. Die Hörner, welche nur der Bo> trägt, ſtehen etwas entfernt voneinander über der Augenhöhle, ſind leierförmig, unten mit etwas verwiſchten Ringen gezeihnet und geſtreift, an der Spiße verdünnt und glatt, blaß von Farbe und durGſcheinend. Die großenteils im Pelze verſte>ten Ohren ſind kurz, ſtumpf, im Umriſſe rauh, innen mit lo>eren Zotten bekleidet; die mittelgroßen, weit hinten in ſehr vorſtehenden Augenhöhlen gelegenen Augen haben faſt na>te Lider, oben volle, unten nur in der Mitte dicht ſtehende Wimpern, länglichen Stern und braungelbe Fris. Die Thränengruben, welche ſi{h unten in einiger Entfernung von den Augenwinkeln befinden, ſind weit, ihre Öffnungen aber ſehr eng, werden von einem Hofe umgeben und ſtroßen von einer bo>ig riehenden Salbe. Die außen weißgrau behaarten, oben am platten Rande ſhwarzfle>igen Lippen ſind durc eine Furche geſpalten. Am Halſe ſteht der Kehlkopf etwas vor, ohne jedo< einen eigentlichen Kropf zu bilden. Die ſ{lanken Gliedmaßen ſind etwas einwärts gedreht, die Vorderhufe kurz, hinten von ſ<hwieliger, gewölbter Ferſenhaut umgeben und vorn dreieŒig, die hinteren ähnlich geſtaltet, aber ſpißiger; die kleinen und ſtumpfen, an den hinteren Füßen dieren Afterklauen ſtehen entfernt von dem Hufe. Der Schwanz iſt kurz, an der Wurzel ziemlich breit, unten na>t, außen mit aufrehten, nah der Spige hin längeren Haaren beſet. Tief ausgehöhlte Leiſtengruben, welche hinten durch eine Falte vom Beutel nach der Hüfte zu begrenzt werden, ſondern ebenfalls eine ſtark riechende Salbe ab. Fm Sommer erreicht das kurze Haar höchſtens 2 em an Länge, wogegen es im Laufe des Spätherbſtes bis zu 7 cm und darüber nahwähſt. Rücken und Seiten ſehen im Sommer graugelblich, die Gliedmaßen unter dem Knie dunkler, Hals- und Unterſeiten des Rumpfes ſowie die inneren Seiten der Läufe weiß, Stirn und Scheitel gelbgrau oder aſchgraulih aus; ein