Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

A424 Elfte Ordnung: Paarzeher; vierte Familie: Gabelhorntiere.

verlaufender Mittelſtreifen ſieht roſtbräunlih, ein Feld um das Auge roſtfahl aus, weil hier wie dort die, mit Ausnahme der graulichen Wurzel und lichteren, abgeblaßten Spißenfärbung, gleichfarbigen Haare mit gelbbraunen Spißen endigen. Hörner und Hufe ſind ſ<warz. Das beiden Geſ<hlechtern zukommende, aber, nah Freiherrn von Thielmann, nur beim Boke gegabelte, über und zwiſchen den Augen ſtehende, ſteil aufſteigende und an der Spitze ſcharf einwärts und rü>wärts gebogene Gehörn iſt beim alten Boe faſt doppelt ſo breit als di weil unten von beiden Seiten zuſammengedrü>t, an ſeiner Oberfläche weder gefur<ht noh geringelt, aber eigentümlih rauh und hö>erig und ſtellenweiſe mit kurzen, ſpigigen Auswüchſen unregelmäßig beſeßt. Die Hörner werden beim Männchen 25—30 em, beim Weibchen nur 8—12 cm hoh.

Obwohl der Gabelbo> im Gerippe wie im inneren Baue ſeines Leibes weſentlih mit anderen Gliedern ſeiner Ordnung übereinſtimmt, findet Murie do<h auch in dieſer Beziehung Eigentümlichkeiten, welhe die Trennung von den Antilopen rechifertigten. Der Schädel, welcher am meiſten mit dem der Hirſche übereinſtimmt, iſt lang und niedrig, durch die ſeitlich zuſammengedrüd>ten, vorderſeits ſhneidenartig verdünnten und hier einen ſtumpfen Winkel bildenden Hornknochenkerne ſehr ausgezeichnet, ſein Augenhöhlenrand merklith erhaben, der Unterkieferwinkel weit ausgebogen, das übrige Gerippe zierlih und leihtknochig, die Wirbelſäule, außer den Halswirbeln, aus 18 rippentragenden, 6 rippenloſen, 4 Kreuzbeinund 5 Schwanzwirbeln zuſammengeſeßt. Das Gebiß unterſcheidet ſih niht von dem der Antilopen. Der Magen hat vier Abteilungen. Eine Gallenblaſe iſ vorhanden.

Die Lebensweiſe des Gabelbo>es iſt uns dur<h Lewis und Clarke, Richardſon, Audubon, Spencer Baird, den Prinzen von Wied und neuerdings dur< Canfield, Bartlett, Finſ<h und Freiherrn von Thielmann eingehend geſchildert worden. Das Verbreitungsgebiet erſtre>t ſi< über das weſtlihe Nordamerika vom Saskatſchewan im Norden bis etwa zum Rio Grande im Süden und vom Miſſouri bis zu den Küſten des Stillen Ozeans. Vorzugsweiſe nimmt der Gabelbo> ſeinen Stand in den mit kurzem Graſe beſtandenen Prairien; laut Finſ<h bevölkert er ſehr häufig die weiten Ebenen von Kanſas bis hinab nah Texas ſowie die Steppen zwiſchen den Felſengebirgen und der Sierra Nevada oder die weſtlichen Gelände zwiſchen dieſer und dem Meere. Er bewohnt aber keineswegs, wie man angenommen hat, ausſhließlih bloß die ebenen Flächen, denn Freiherr von Thielmann hat ihn ebenſogut in kahlen Hochthälern der Felſengebirge bis zu 2500 m Höhe angetroffen. Unter Berüſichtigung des ausgedehnten Gebietes, welches jedes Rudel Gabelböde bewohnen muß, um ſi<h überhaupt ernähren zu können, darf man das Tier Standwild nennen. Allerdings bemerkten ſhon Lewis und Clarke, denen wir die Entde>ung des Gabelbo>es verdanken, daß dieſer während des Winters von den Ebenen na< den Bergen wechſelt; derartige Streifzüge geſchehen jedoh nach den Angaben des Prinzen von Wied nur deshalb, weil die Tiere dur die kalten Winde des Winters in den Ebenen beläſtigt und ihnen dur den Schneefall das Aufde>en der Äſung erſchwert, ſie daher gezwungen werden, Hügelketten und dazwiſchenliegende Schluchten aufzuſuchen, woſelbſt ſie an geſchüßteren Abhängen Nahrung finden. Ähnliche Wanderungen unternehmen ſie au<h im Sommer, wenn das Verſiegen einzelner Gewäſſer ſie dazu nötigt.

Über das tägliche Leben der Gabelböde wie über die Veränderungen, welche dasjelbe im Laufe des Jahres erleidet, berichtet am eingehendſten und wohl au<h am genaueſten Canfield, welcher, wie er verſichert, mit ihnen ſo vertraut geworden iſt wie andere Leute mit Hausziegen oder Schafen. „Jh lebte“, ſo erzählt ex, „einige Fahre in einem mehrere Meilen langen, etwa eine halbe Meile breiten, von grasbewacſenen Hügeln umgebenen Thale im ſüdlichen Teile des Kreiſes Monterey in Kalifornien, habe die Gabelbö>e ebenſo lange beobachtet, ſie gejagt und über 150 Stü>k von ihnen erlegt, ſie gefangen und